Büste, Arm und Horn
Die wichtigsten Kultgegenstände in Kornelimünster sind die Kornelius-Büste, der Armknochen des Heiligen und das Kornelius-Horn.
(Da heute in Kornelimünster - wie ganz überwiegend im deutschen katholischen Schrifttum - Cornelius mit K geschrieben wird, soll in diesem Kapitel ausnahmsweise die K-Schreibung übernommen werden.)

Zur Kornelius-Büste heißt es in dem 1988 vom Propsteipfarramt St. Kornelius herausgegebenen Heftchen Aachen-Kornelimünster – Kirchen + Kapellen von M. MÜLLER und A. CLOEREN:
"Unter den vielen Reliquiaren der ehemaligen Benediktiner-Abtei ist die Büste des Hl. Kornelius
das wertvollste und bedeutendste Werk."
Das um 1360 entstandene Reliquiar, aus Silber getrieben und teilweise vergoldet, birgt die Schädeldecke des hl. Cornelius. Das Haupt des Heiligen ist mit der Tiara bekrönt. Ihre drei Kronreifen sind mit Edelsteinen, Perlen und Blüten verziert. Ein aus Chalzedon geschnittener antiker Kinderkopf auf Emaillegrund dient als Brustschmuck.

Der rechte Armknochen des Heiligen, der zusammen mit der Schädeldecke des Heiligen im Tausch aus Compiègne gekommen sein soll, ist in einem gläsernen, kastenartigen Reliquiar aus dem 18. Jh. untergebracht, in dem der Knochen von allen Seiten zu sehen ist. Wie aus alten Abbildungen zu schließen ist, wurde früher der Knochen in einem Reliquiar in Form eines Armes aufbewahrt. Das heutige kastenartige Reliquiar, das mit anderen bedeutenden Reliquien im ehemaligen Kreuzgang ausgestellt ist, gleicht nahezu vollständig einem dort ebenfalls ausgestellten Reliquiar mit dem Armknochen des hl. Cyprian. Überhaupt werden in Kornelimünster beide Heilige häufig paarweise abgebildet.
Abbildung von Cornelius-Büste und Arm-Reliquiar des Heiligen in einem farbigen Holzschnitt, der 1468 oder 1475 wahrscheinlich in Mainz hergestellt wurde und die bedeutendsten Reliquien von Maastricht, Aachen und Kornelimünster darstellt. Die gesamte Schautafel (Staatl. Graphik Sammlung München, Kupferstich 118308) ist veröffentlicht in dem Werk von Henk VAN OS Der Weg zum Himmel (über eine Ausstellung zur Heiligenverehrung im Jahre 2000 in Amsterdam).
Cornelius-Büste und Arm-Reliquiar in einem Holzschnittbüchlein des Kölner Druckers Arnt van Aich (= aus Aachen)
aus dem 16. Jh.
Darstellung der wichtigsten Heiligtümer von Kornelimünster in dem Holzschnittbüchlein des Arnt van Aich, 16. Jh. Oben die drei Biblischen Heiligtümer: Schürztuch, Grabtuch und Schweißtuch Christi, unten auf der linken Seite die Reliquien des hl. Cornelius, auf der rechten des hl. Cyprian. Danach war der Armknochen (Bildchen 5) in einem Schrein, nicht in einem Arm-Reliquiar untergebracht.

Kornelius-Horn zum Trinken
Neben der Kornelius-Büste und dem Arm-Schrein gehört das "Kornelius-Horn" zu den bekanntesten Reliquiaren der Kirche.


Das auf so genannten Greifenklauen stehende "Kornelius-Horn" in Kornelimünster. Links oben ein Medaillon mit einer Cornelius-Reliquie (Ansichtskarte 1991).



Die Kranken trinken geweihtes Wasser aus diesem Horn, dem Symbol für Papst Cornelius. Es handelt sich um das Horn eines Wasserbüffels, das im 10. Jh. aus der Abtei Stavelot in Belgien gekommen sein soll. Das Horn ist in graviertem Silber gefasst und ruht auf zwei silbernen Greifenklauen. Zwischen diesen und einem Medaillon mit einer Reliquie befindet sich eine eingravierte Darstellung des hl. Cornelius. Die Silberarbeiten dürften aus dem 15. oder 16. Jh. stammen. Auf dem vorstehenden Holzschnitt aus dem 16. Jh. mit den wichtigsten Heiligtümern Kornelimünsters ist allerdings das Horn-Reliquiar in wesentlichen Einzelheiten anders gestaltet (Bildchen 6), ruht aber auch dort auf Vogelfüßen.

Klaue des Vogels Greif?
Ein Heiltumsfahrtbüchlein aus dem Jahre 1790 gibt eine ganz andere, sehr phantasievolle Erklärung. Danach handelt es sich überhaupt nicht um ein Horn, sondern um die Klaue des sagenhaften Großvogels Greif. Der hl. Cornelius soll diese Klaue, die der Vogel ihm aus Dankbarkeit geschenkt habe, als Trinkgefäß benutzt haben. Es heißt dort:
Von diesem Horn ist zu merken, daß es eigentlich eine Klaue des Vogels, genannt Greif, seye, welche dieser Vogel für schuldige Dankbarkeit für die Wohlthat der Erledigung von der fallenden Seuche (so selbige durch das Gebet des Hl. Cornelius und von ihm gemachten Kreuzzeichen erhalten), zu den Füßen des Hl. Cornelius ab und niedergelegt, welche Klaue fortan von dem Hl. Cornelius zu einem ordentlichen Trinkgeschirr gebraucht, woher dann auch kommt, daß dieser Hl. Papst noch in unsern Zeiten mit der Klaue eines Vogel Greif, so gleichsam die Gestalt eines Hornes hat, abgebildet wird".
(aus E. PAUL, Beiträge zur Geschichte der größeren Reliquien und Heiligthumsfahrthen zu Cornelimünster bei Aachen.)


Ansichtskarte (2003) mit drei als "Greifenklauen" bezeichneten Trinkhörnern im Grünen Gewölbe des Dresdner Schlosses.



Wie Henk VAN OS in seinem Buch Der Weg zum Himmel (über eine Ausstellung zu Reliquien in Amsterdam, 2000) erklärt, waren "Hörner an vielen Orten als Reliquiare in Gebrauch; man sah sie als Klauen des legendären Greifen an, eines vogelähnlichen Monsters, um das sich viele Geschichten rankten." Laut Prof. Zender gab es derartige Trinkhörner auf Vogelfüßen auch in Flandern und Skandinavien. Auch im berühmten "Grünen Gewölbe" des Dresdner Schlosses sind drei reich verzierte Trinkhörner (zwischen 22,5 und 34 cm lang) vom Ende des 14./Anfang 15. Jh. ausgestellt, die dort als "Greifenklauen" bezeichnet sind und zum ältesten Bestand des Schatzkammermuseums gehören. Bei einem von ihnen, das die Bezeichnung "Trinkhorn auf ruhendem Greifen" trägt, besteht der Fuß aus einer Vogelgestalt mit langen Ohren und einem langen löwenartigen Schweif. Sie gelten wohl auch dort als besondere Attraktion, denn es existiert von ihnen eine Ansichtskarte (Beschriftung auf der Rückseite: "Drei Greifenklauen, 15. Jh. Büffelhörner in silbervergoldeten Fassungen"). Anscheinend waren im mittelalterlichen Europa derartige Trinkgefäße als Rarität in Gebrauch, warum auch immer sie als Greifenklauen bezeichnet wurden. Die 1637 ausgestorbene Dynastie der (ursprünglich slawischen ) Herzöge von Pommern nannte sich die Greifen (lateinisch: gens gryphica) und führte im Wappen einen Greifen (vorn Vogel, hinten Löwe).
Es bleiben einige Rätsel hinsichtlich Greifenklaue und Horn. Auch das "Corneliushorn" in der Kölner Severins-Kirche soll eine Greifenklaue gewesen sein. Beim Kornelius-Horn in Kornelimünster ist dann wohl später als Erklärung die Legende mit dem Greifen hinzu gekommen.

Kornelibrötchen zur Stärkung
Bei der jährlichen Korneli-Oktav in Kornelimünster, die am 14. September beginnt und vom darauf folgenden Sonntag an eine Woche gefeiert wird, erhalten auch heute noch Pilger und Besucher in der Korneliuskapelle ein kleines trockenes, ohne Salz gebackenes Weißbrötchen, das so genannte "Kornelibrötchen", kostenlos zur Stärkung. Diese Tradition geht - wie das von der Pfarre zur "Korneli-Oktav" herausgegebene Liedblatt berichtet - auf die Zeit zurück, als kranke Pilger Weizen entsprechend ihrem Körpergewicht mitbrachten und dem hl. Cornelius opferten. Von diesem Weizen wurde Brot gebacken und kostenlos an die Pilger verteilt. Die Kornelibrötchen gab man auch dem Vieh ins Fressen. Der Brauch dieses "Wägens" - Getreideopfer in Höhe des Körpergewichts - hielt sich laut Prof. Zender noch bis zum Anfang des 20. Jh.

Der mit dem stieren Blick
Neben den drei Kornelius-Reliquiaren besitzt die ehemalige Abtei noch eine Anzahl bildlicher Darstellungen des hl. Cornelius. Schließlich war er zum Namensheiligen des Klosters aufgestiegen.
Die wertvollste von ihnen ist eine Steinfigur, die heute links neben dem Hochaltar steht. Laut dem Kunstführer Aachen-Kornelimünster (Rheinische Kunststätten), 1979, von Leo HUGOT "zählt sie zu den besten Statuen des Rheinlandes". Sie entstand etwa um 1460 unter Abt Heribert von Lülsdorf, der als kniende Stifterfigur im reich gegliederten Sockel abgebildet ist, und ist vermutlich ein Werk des Kölner Dombaumeisters Konrad Kuyn von der Hallen (gest. 1469). Cornelius hält in seiner Rechten den Papststab mit dem dreifachen Kreuz, in der Linken ein Horn.
Am Sockel zu Füßen des Stifterabtes sind weiterhin ein Pilger und eine Pilgerin abgebildet. Die Attribute ihrer Pilgerfahrt, Pilgertasche, Pilgerflasche und die auf den Schultern hängenden Pilgerhüte, sind deutlich zu erkennen. Auch dies ist ein Beleg dafür, dass Cornelius schon im Mittelalter das Hauptziel der Wallfahrten nach Kornelimünster war.
Der vorzitierte Kunstführer schreibt zu dieser Statue des hl. Cornelius, das Horn, sein aus seinem Namen abgeleitete Attribut, habe ihn in der ländlichen Umgebung von Kornelimünster im Mittelalter zum Beschützer des Hornviehs gemacht. Hauptsächlich jedoch sei er angerufen worden bei Epilepsie und Nervenkrankheiten - "deshalb auch die Darstellung mit dem stieren Blick".
In der Tat könnte man dem Heiligen bei dieser Statue einen "stieren Blick" attestieren. Auf künstlerische Unzulänglichkeit dürfte die etwas seltsame Augenstellung kaum zurückzuführen sein, war doch gerade diese Figur von einem angesehenen Meister geschaffen worden.
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