Endungs-z = "Sohn von"
Schlägt man in den verschiedenen Lexika den Namen Cornelissen nach, stößt man nicht selten auf unterschiedliche Schreibweisen für dieselbe Person. So ist der weiter hinten näher dargestellte holländische Maler Cornelis Cornelissen van Haarlem (1562–1638) auch als Corneliszen, Corneliszoon und am häufigsten als Cornelisz zu finden. Sein Vater nannte sich Cornelis Thomasz und war ein Schüler des Pieter Pietersz.

Cornelisz = Cornelissen
Damals war die Namensendung z die Abkürzung von zoon und hatte damit die Bedeutung von "Sohn von". Als Zeichen für die Abkürzung wurde häufig hinter dem z ein Punkt gemacht. Cornelis Cornelisz bedeutete also "Cornelis Sohn des Cornelis" oder dasselbe wie Cornelissen. Da es damals noch keine festen Rechtschreiberegeln gab, wechselte man nahezu beliebig zwischen den verschiedenen Schreibweisen: Corneliszon, Corneliszoon, Corneliszen, Cornelisz., Cornelisz, Cornelissen.
Entsprechend dem z für zoon gab es für dochter die Abkürzung dr. So hieß die - wohl uneheliche - Tochter des Haarlemer Malers Maritgen Cornelisdr. und seine Schwägerin Cornelia Cornelisdr.

Namen wechselten von Generation zu Generation
Diese Entwicklung wird ausdrücklich bestätigt in dem 1999 erschienenen Werk Tulipomania von Mike DASH und noch eingehender in seinem Werk Der Untergang der Batavia von 2002, das mit Unterstützung niederländischer Fachleute entstand. Schon im Vorwort des Letzteren weist DASH darauf hin, dass er zur größeren Klarheit für den Leser die Hauptfigur des Buches, den Anführer der blutigen Meuterei im Jahre 1629 jeweils (Jeronimus) "Cornelisz" schreibt, dagegen einen seiner Anhänger unter den Meuterern immer (Daniel) "Cornelissen". Ebenso verfährt er bei zwei Personen namens Jansz/Janssen auf dem Schiff. Die Namen seien nämlich damals selbst in ein und demselben Dokument unterschiedlich geschrieben worden. In einer Anmerkung zu Anfang des Prologs führt DASH dazu weiter aus, dass im frühen 17. Jh. Familiennamen in den Niederlanden noch relativ ungewöhnlich waren. Die meisten Menschen hätten sich durch den Gebrauch von Patronymen identifiziert. So sei der Schiffskapitän Ariaen Jacobsz der Sohn eines Mannes namens Jacob gewesen. Da es umständlich war, das Patronym vollständig auszuschreiben, in diesem Fall Jacobszoon, sei es allgemeine Praxis gewesen, die geschriebenen Namen durch Weglassen des ’oon’ von ’zoon’ (= Sohn) und durch Kürzung von ’dochter’ (= Tochter) zu ’dr’ abzukürzen. Der Punkt am Ende sollte die Abkürzung andeuten. Im Mündlichen sei aber der Name vollständig ausgesprochen worden.
Der Verfasser machte die Probe aufs Exempel. Als er mehreren - durchaus gebildeten - Niederländern eine Liste von Malern aus dem 16. und 17. Jh. vorlegte, u. a. mit dem Namen des Malers Jacob Cornelisz. van Oostsanen lasen diese jeweils "Kornelis", nicht etwa die lange Form "Kornelissen". Anscheinend ist heute dem "normalen" Niederländer nicht mehr bewusst, dass früher das sz. am Namensende eine Abkürzung war.

Latinisiert: Corneli = Sohn des Cornelius = Cornelissen
Im 16. und 17. Jh. wandelte eine größere Anzahl von Personen ihren Namen in eine lateinischen Namen um. Dies geschah meist so, dass die lateinische Endung ius oder us an den Familiennamen angehängt wurde. Die Form des Patronymikon, des Vatersnamen, wurde dadurch beibehalten, dass man lateinischen Vornamen des Vaters in den Genitiv setzte = Sohn des. Das Werk Familienamen in Nederland van hier en elders von J.M. SPENDEL, 1998, S.75, das diesen Aspekt behandelt, führt als Beispiel neben Alberti (für Albertsen) Caspari (für Caspars) auch Corneli für Cornelissen an. Man verwendete also anstelle von Cornelisz. oder Cornelissen eine lateinische Version im Genetiv, nämlich Cornelii (= des Cornelius) oder kurz Corneli oder Cornely. Auch in Deutschland war damals die Latinisierung des Familiennamens in den so genannten gebildeten Kreisen nicht selten. In dem um 1610 erschienenen Werk von Hendrick HONDIUS Pictorum aliquot celebrium mit Bildern berühmter niederländischer Maler wurde Cornelis in der lateinischen Inschrift so genannt:
CORNELI CORNELII, HARLEMENSIS, PICTOR
(wörtlich: Corneli des Cornelius, Haarlemer, Maler)


Statt ii ein y
Laut Niederländischen Künstler-Lexikon von Alfred VON WURZBACH, 1963, hat Cornelis van Haarlem seine Bilder in mehr als 20 Arten signiert, u. a. mit
C. Cornelii H fecit
C Cornely H fecit
C. Cornely Harlemensis fecit
Corn. Corn. Harlem. inve.
Cornelius Corneliades invenit et pinxit.
Am häufigsten benutzte er aber offenbar das bloße Signum C, meist mit einem Zusatz, der auf Haarlem hinwies.
Die Form mit y am Ende (meist mit zwei Punkten darüber) war eine andere Schreibweise für ij oder zwei i (also kein Ypsilon). Diese Schreibung findet man auch bei anderen Namen häufig. So ist auf alten Gemälden der mecklenburgischen Herrscher in der gotischen Kirche des ehemaligen Zisterzienserklosters von Bad Doberan zu lesen: "OBYT ANNO 1477" (lateinisch = starb im Jahre 1477) statt obiit oder "ANNO 1547 10. JANUARY" statt Januarii (= 10. des Januar).

Mehrere Schreibweisen nebeneinander
WURZBACH wendet übrigens immer die Schreibweise Cornelis Cornelissen an, während er den anderen berühmten holländischen Maler dieses Namens, nämlich Jacob Cornelisz van Oostsanen (um 1470–1533) meist in der Schreibweise Cornelisz zitiert, allerdings u. a. auch als Jacob Cornelissen. Nach alldem dürfte die Vorgehensweise der etwa 1910 erschienenen Enciclopedia Universal Ilustrada Europeo-Americana, am sachgerechtesten sein, die mehrere Schreibweisen nebeneinander anwendet. Dort heißt es jeweils als Stichwort:
"Cornelis (oder Cornelissen) van Haarlem"
"Cornelisz oder Cornelissen (genannt der Koch)"
"Corneliszen van Oostsanen (Cornelissen oder Cornelisz)"
"Cornelio a Lapide oder Cornelis Cornelissen van den Steen"
Ebenso geht der Dictionary of Painters and Engravers von Michael BRYAN, London 1886, vor: Er führt drei Cornelisz auf, nämlich Cornelisz van Haarlem, Jacob Cornelisz van Ostsaanen und Lucas Cornelisz, genannt Koch. Bei allen dreien heißt es dort hinter dem Namen jeweils in Klammern "oder Cornelissen". Eine einheitliche Schreib- oder Zitierweise scheint sich bis heute nicht durchgesetzt zu haben. So wird im berühmten Rijksmuseum in Amsterdam, wo von Cornelis Cornelissen (1562–1638) u. a. Der Sündenfall und Der Kindermord von Bethlehem ausgestellt sind, in demselben Saal bei einem Bild "Cornelis van Haarlem", bei einem anderen "Cornelisz van Haarlem" geschrieben.
Allgemein lässt sich heute wohl sagen, dass die Schreibweise Corneliszoon und die Kurzform Cornelisz - mit oder ohne Punkt - veraltete Schreibungen für Cornelissen sind. Familiennamen in der alten Schreibweise findet man heute nicht mehr, während stattdessen Cornelissen in der heutigen Schreibweise in Holland und Belgien weiterhin sehr verbreitet sind.

Die Freiheiten in der Namenswahl endeten in den Niederlanden am 18. August 1811 unter der Herrschaft Napoleons, als dieser durch kaiserliches Dekret jedermann verpflichtete, einen festen, unveränderlichen Familiennamen zu wählen.

In der Kirche: Cornelius
Form und Schreibung passten sich wohl den Zeitläufen an. So befindet sich in der Grooten Kerk von Haarlem eine Tafel mit den bisherigen Predigern der "ned. hervormde Gemeente te Haarlem". 1739–1740 war dies ein Cornelius de Bruyn. Offenbar hat er wie viele andere damals seinen Namen Cornelis van Bruyn latinisiert. Andererseits schreibt sich auf der Tafel ein Prediger aus jüngerer Zeit, nämlich aus dem Jahre 1930, Kornelius Heiko Miskotte. Ähnlich wie in Deutschland lag damals wohl die K-Schreibung im Trend.

Die übliche niederländische Form für das lateinische Cornelius war früher offenbar Cornelis - verschiedenen zeitgenössischen Bildern zufolge auch Cornilis (statt e ein i) -, teils wohl auch die Kurzform Cornel. Im heutigen kirchlichen Schrifttum in den Niederlanden wie in Belgien werden Papst Cornelius wie auch der gleichnamige römische Hauptmann aus der Apostelgeschichte jeweils mit ihrem ursprünglichen Namen Cornelius aufgeführt, nicht mit der Form Cornelis.

Fragezeichen bei Cornelissens
Nun gibt es im Niederländischen - und durchaus nicht selten - auch den Familiennamen Cornelissens. Das s am Ende könnte dort die Bedeutung von z haben und dann "Sohn von" bedeuten. Cornelissens würde sich somit vielleicht erklären lassen als "Sohn des Sohnes des Cornelius". Ob diese Vermutung stimmt, müsste aber noch untersucht werden.
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