Unnaer Cornelissen für ss
Da es in der Familie des Verfassers, der Familie Jupp und Barbara Cornelissen in Dortmund/Unna, immer wieder Schwierigkeiten gab mit dem Auseinanderklaffen der Schreibung des s-Lautes - im Familienbuch stand ß, sie selbst schrieben ss -, wollten sie das Problem aus der Welt schaffen, waren aber nicht bereit, die standesamtliche Version zu akzeptieren. Sie glaubten, für ihre Schreibweise mit ss die besseren Gründe zu haben:
Schon Jupps Eltern und Großeltern sowie seine vier Geschwister schrieben immer ss bzw. in der deutschen Schrift zwei .

Dementsprechend zeigen Schulzeugnisse, Examensurkunden, Arbeitsverträge, usw. usw, zum Teil sogar Reisepässe und Personalausweise die Schreibung mit ss. Gleiches gilt für Steuerbescheide, Bankkonten, Eintragungen im Grundbuch.

Diese Schreibweise entspricht der Entwicklung des Namens aus Cornelius-Sohn oder Cornelis-Sohn. Von Anfang an waren zwei s-Laute vorhanden.

Die beiden s-Laute waren unterschiedlicher Art: Das s am Ende von Cornelius/Cornelis ist stimmlos, das s am Anfang von sen/Sohn stimmhaft.

Nur die Schreibung mit ss entspricht den Regeln der deutschen Rechtschreibung, und zwar sowohl nach der bisherigen wie der neuen, zum 1.8.1998 eingeführten Regelung, die gerade beim ß erhebliche Änderungen gebracht hat.

Die korrekte Silbentrennung in Form von Corneli-ßen entspricht weder der Entstehung des Namens (Cornelis-Sohn) noch der Sprechweise (es werden zwei s gesprochen).

Da ein ß als Großbuchstabe nicht existiert, muss Cornelissen in Großbuchstaben ohnehin mit zwei S geschrieben werden oder laut Duden zur Vermeidung von Missverständnissen gar mit SZ.

Die Schreibung des Namens mit ß beruht auf einer Fehlinterpretation des früheren handschriftlichen Doppel-Buchstabens der lateinischen Schrift (was aber den Cornelissen erst später bekannt wurde).

Vom Schriftbild her erscheint ss harmonischer als ß.

In den Hauptverbreitungsgebieten von Cornelissen - Holland und Belgien - ist die Schreibung ss, in wenigen Fällen lediglich s.

Im Ausland treten Schwierigkeiten auf, weil der Buchstabe ß dort in der Regel unbekannt ist und meist auch nicht mit der Maschine geschrieben werden kann.

In Unna wurde "berichtigt"
All diese Argumente konnten aber den Standesbeamten in Dortmund nicht überzeugen, als die Cornelissen dort Anfang der achtziger Jahre versuchten, auch im Familienbuch das ß in ss zu ändern. Seine Antwort: Die Änderung ist nur im Wege einer regelrechten Namensänderung möglich. Voraussetzung dazu war u. a., dass die nächsten Verwandten - Eltern und Geschwister - schriftlich der Namensänderung zustimmten. Die Gebühren für die Namensänderung wurden mit "rund einem Monatsgehalt" der Antragsteller angegeben.
Unter diesen Umständen ließen sich die Dortmunder Cornelissen erst einmal Zeit. Sie schrieben weiterhin ihren Namen mit ss. Im Übrigen lauteten Jupps und Barbaras Personalausweise und Reisepapiere inzwischen ebenfalls auf ss (die betreffenden Beamten hatten bei der Ausstellung der Ausweise offenbar nicht aufgepasst).
1985 las dann Barbara irgendwo in der Zeitung, dass sich bei der s-Schreibung in Familiennamen etwas gewandelt hätte. Sie rief beim Standesamt Unna an (inzwischen waren sie dorthin umgezogen), wo man sehr entgegenkommend war. Dann ging alles sehr schnell. Gegenüber dem Standesamt Essen, das die Heiratsurkunde ausgestellt hatte, war lediglich durch Vorlage von Zeugnissen, Personal- oder Bankunterlagen nachzuweisen, dass man nicht inzwischen die Schreibweise mit ß angenommen hatte.
Am 4.11.1985 trug schließlich der Standesbeamte in Unna folgenden Vermerk in das Familienbuch ein:
Berichtigung zu Sp 1 und 4: Die Schreibweise des Familiennamens des Ehemannes und dessen Eltern ist richtig "Cornelissen"
Der Name Cornelissen wurde somit nicht "geändert", sondern lediglich "berichtigt". Dementsprechend betrug die Gebühr für die ganze Prozedur lediglich 7,- DM und nicht ein Monatsgehalt..

Auch andere können ändern
Die Berichtigung des Namens, wie sie die Unnaer Cornelissen durchgeführt haben, ist auch für alle anderen Cornelißen möglich, bei denen ähnliche Voraussetzungen vorliegen. Es genügt hierfür aber nicht als Begründung, dass die Schreibung mit ß nach den Regeln der deutschen Rechtschreibung und Grammatik falsch ist. Es muss auch nachgewiesen werden, dass diese falsche Schreibung nicht vom Antragsteller angenommen und damit gebräuchlich geworden ist. Ein Cornelißen, der sich heute auch im täglichen Leben mit ß schreibt, wird also nicht ohne weiteres eine Berichtigung erreichen.

Nachstehend das Schreiben des Essener Standesbeamten an Josef und Barbara Cornelissen vom 4.10.1985. Hieraus ergeben sich die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Namens.
"Bezugnehmend auf das im September 1985 mit Frau Cornelissen geführte Telefonat teile ich Ihnen mit, daß ich beabsichtige, Ihren Heiratseintrag dahingehend zu berichtigen, daß die Schreibweise Ihres Familiennamens nicht "Cornelißen", sondern "Cornelissen" ist. Vor einer solchen Berichtigung habe ich Sie dazu zu hören.
Bei Ihrer Eheschließung bestand bezüglich der Schreibweise Ihres Namens das Problem, aus dem handschriftlich erstellten Geburtseintrag den Familiennamen in Druckbuchstaben wiederzugeben. Zur damaligen Zeit tendierte man allgemein dazu, das handschriftliche Zeichen "" stets mit "ß" wiederzugeben.
Nach heutiger Rechtsprechung ist die Wiedergabe dieses veralteten Schriftzeichens jedoch immer im Einzelfall nach den sprachlichen und grammatischen Regeln der deutschen Sprache und Rechtschreibung zu beurteilen. Danach schreibt man "ss" im Inlaut zwischen zwei Vokalen, deren erster kurz ist. Das trifft für den Namen "Cornelissen" zu. Verstärkt wird diese Form der Wiedergabe auch, wenn man die Unterschrift des Vaters Hermann Cornelissen berücksichtigt, der die Geburt angezeigt hat. Er hat seinen Namen immer eindeutig mit "ss" geschrieben.
Ob nun eine Berichtigung Ihres Heiratseintrags (und aller späteren Folgeeinträge) in Betracht kommt, hängt auch davon ab, ob nicht bei Ihnen die im Heiratseintrag beurkundete Form "Cornelißen" angenommen und damit gebräuchlich geworden ist. Ein Indiz dafür wäre z.B. die Angabe Ihres Namens in amtlichen Unterlagen, Zeugnissen, Personal- oder Bankunterlagen. Da eine Berichtigung Sie beide betrifft, bitte ich Sie, sich beide zu der beabsichtigten Berichtigung zu äußern."

Doppelzüngig
Die älteste noch vorhandene Familienurkunde der Cornelissen aus der Bedingrader Straße in Essen-Frintrop ist eine Ablichtung aus dem Heiratsbuch des Standesamtes (Essen-) Borbeck vom 11. Mai 1896 über die Eheschließung des Bergmanns Peter Josef Cornelissen mit der "gewerblosen" Gertrud Schlenkermann. Es handelt sich um ein vorgedrucktes Formular, bei dem die Angaben zur Person vom Standesbeamten mit der Hand in deutscher Schrift eingetragen sind. Dieser schrieb den Namen Cornelissen - sowohl beim Bräutigam wie bei dessen Vater Jacob - mit . In der Unterschrift hierzu (hinter "vorgelesen, genehmigt und unterschrieben") schreiben sich beide Brautleute mit zwei , was dem ss in unserer heutigen lateinischen Schrift entspricht. Die gesamte Eintragung ist unterzeichnet vom Standesbeamten, der offenbar die Unterschriften mit zwei nicht beanstandet hat.
Gut 70 Jahre später. Ihr Enkel Josef Cornelissen heiratet auf demselben Standesamt. Ihm wird bedeutet, er habe seine Unterschrift mit ß zu leisten. Widerwillig - er schreibt seinen Namen immer mit ss - unterzeichnet er so. Seine frisch angetraute Frau Barbara nolens volens ebenso.
Hätte das junge Paar beim Möbelkauf die Zahlungsüberweisung mit Cornelißen, also mit ß unterschrieben, wäre sie wahrscheinlich von der Bank nicht anerkannt worden. Soweit sich Barbara und Jupp erinnern können, war es bei der Trauung das erste und letzte Mal, dass sie ihre Unterschrift mit ß geleistet haben.

Als Barbara Cornelissen 1982 einen neuen Personalausweis erhielt, lautete dieser auf Cornelißen. Nichtsdestotrotz leistete sie ihre Unterschrift unter dem Ausweisfoto mit ss, ohne Beanstandung.


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