Der Maler Jacob Cornelisz. van Oostsanen
oder van Amsterdam
Er gilt als einer der großen niederländischen Meister - sowohl als Maler wie als Holzschnittzeichner - aus der ersten Hälfte des 16. Jh. Über sein Leben ist kaum etwas bekannt. Geboren wurde er in Oostsanen, einem Dorf nördlich von Amsterdam; den meisten Darstellungen zufolge "vor 1470". Nach neueren Erkenntnissen (niederländisches Wikipedia vom 1.10.2007: "Jacob Cornelisz. van Oostsanen", worauf ein Teil der nachstehenden Ausführungen beruht) wird sein Geburtsjahr um 1472-1477 vermutet. Er wurde rund 70 Jahre alt. Ab 1500 ist er in Amsterdam als selbständiger Maler nachgewiesen. In diesem Jahr kaufte er nämlich dort sein erstes Haus, und zwar in der Kalverstraat. Er starb vor dem 18.10.1533, denn in einem Inventarverzeichnis mit diesem Datum wird seine Ehefrau Anna als Witwe aufgeführt. Da das letzte sichere Lebenszeichen von ihm aus dem Jahr 1528 stammt, muss er zwischen 1528 und 1533 gestorben sein. Wegen seiner langen Tätigkeit in Amsterdam wurde er auch Jacob Cornelisz (teils auch Corneliszoon oder Cornelissen) van Amsterdam genannt.
(Es ist davon auszugehen, dass zu seinen Lebzeiten und noch lange danach sein Name immer "Kornelisson" oder "Kornelissen" ausgesprochen wurde, lediglich in der Schreibung wurde die Kurzform "Cornelisz. " - mit oder ohne Punkt - verwendet; s. dazu Kapitel Endungs-z = "Sohn von")
Weit verzweigte Malerfamilie
Er erhielt vermutlich seine Ausbildung in Haarlem im Künstlerkreis um den Maler Geertgen tot Sint Jans (gest. vor 1495). Möglicherweise erfolgte aber auch seine Lehre innerhalb der eigenen Familie, der Familie Buys, bei der das Malen eine Art Familienbetrieb gewesen zu sein scheint. Um drei gleichnamige Maler Cornelis Buys auseinander zu halten, werden sie in der Kunstgeschichte mit den römischen Ziffern I bis III versehen: Sein Bruder Cornelis Buys I, dessen Sohn Cornelis Buys II und dessen Sohn Cornelis Buys III. Auch Jakobs eigene Söhne Cornelis Jacobsz. (gest. 1527/33) und Dirk Jacobsz. (geb. vor 1497, gest. 1567) sowie seine Enkel Cornelis Anthonisz. (gest. 1553) und Jacob Dircksz (gest. 1568) waren Maler.
Vielseitig tätig
Etwa 30 Gemälde und rund 200 Holzschnitte werden Jacob Cornelisz. zugeschrieben. Der allergrößte Teil der Holzschnitte, für die er die Entwürfe anfertigte, ist signiert. Die Signatur setzt sich zusammen aus seinen Initialen I und A, dazwischen seinem Monogramm, das aus einem V und einem umgedrehten W besteht, vermutlich ein Hinweis auf seinen Familiennamen War(re).
Von seinen Gemälden sind dagegen nur sechs signiert. Ein Teil von ihnen wurde erst in den 1870er und 1880er Jahren als von ihm stammend erkannt. Seine frühesten datierten Gemälde sind von 1506 oder 1507, die spätesten von 1533.
Von verschiedenen seiner Gemälde sind mehrere Kopien bekannt, die unter seiner Aufsicht entstanden sein müssen. Anscheinend waren seine Gemälde populär und beim Publikum erfolgreich, so dass es einen Markt gab für weniger kostbare, aber doch in seinem Atelier angefertigte Versionen. Er dürfte eine große Werkstatt mit verschiedenen Mitarbeitern zur Verfügung gehabt haben, darunter seine Söhne und Enkel. Etwa sieben Jahre arbeitete auch der Maler Jan van Scorel (1495-1562) in seiner Werkstatt. Es gab zwischen beiden eine Zusammenarbeit in der Weise, dass Jacob die Personen malte und Scorel die Landschaft.
Jakobs Holzschnitte zeigen ebenso wie die Gemälde vornehmlich religiöse Darstellungen. Für den Amsterdamer Drucker Doen Pietersz. entwarf er verschiedene Serien Holzschnitte in großem Format, wobei jeder Holzschnitt aus mehreren Blättern bestand. Daneben fertigte Jacob auch kleinere Holzschnitte zur Buchillustration an. Er war offenbar ein vielseitiger Künstler. Von seiner Hand stammen auch Entwürfe für Glasfenster und Chormäntel. Darüber hinaus führte er Deckengemälde aus in den Kirchen von Alkmaar (etwa 1518/119), Hoorn (1522, nicht mehr vorhanden) und Warmenhuizen (etwa 1525).
Er soll auch, wie es in der niederländischen Wikipedia über ihn heißt, der erste niederländische Maler gewesen sein, der eine Hafenansicht dargestellt hat, und zwar als Hintergrundszene für sein Gemälde Die Geburt Christi (Neapel).
Zwischen Gotik und Renaissance
Sein Werk bekommt ihre besondere Spannung dadurch, dass es zwischen der mittelalterlichen Spätgotik und der frühen Renaissance in den Niederlanden liegt. Während die frühesten Bilder noch deutlich in der spätgotischen Tradition stehen, sowohl vom Inhalt wie von der Maltechnik her, wird er später in seiner Bildersprache persönlicher.
Das Lexikon der Kunst (1994, Karl Müller Verlag) schreibt, kennzeichnend für seine Porträts, Votivtafeln und Altäre sei "die realistische Wiedergabe der in Überfülle ausgebreiteten Details und die dekorative Kostbarkeit der schweren Gewänder".
Das 1912 erschienene Allgemeine Lexikon der bildenden Künstler von Ulrich THIEME schreibt:
"In den Gemälden oft ungleichmäßig, nimmt Cornelisz. als Zeichner für den Holzschnitt eine bedeutende Stellung ein, er zeigt sich hier als kerniger Charakteristiker und von starkem Formengefühl in der Ornamentik beseelt. Etwas Dekoratives ist seinem ganzen Schaffen untrennbar verbunden, selbst im Bildnis, in dem er Ausgezeichnetes, noch zu wenig Gewürdigtes geleistet hat, bevorzugt er in Nischen und Säulen eine dekorative Gestaltung des Hintergrundes. ...
An der charakteristischen Form seiner Köpfe ist Corneliz. leicht zu erkennen, was aber nicht hindert, daß ihm noch heute vieles zu Unrecht zugeschrieben wird. Unverkennbar ist auch sein Kolorit; das helle und klare Farben bevorzugt, gerne ein kräftiges sattes Rot mit Grün zusammenstellt und fast niemals eine heitere Gesamtnote verfehlt."
Nach Meinung des vorzitierten Allgemeinen Lexikons von 1912 sind von seinen religiösen Darstellungen folgende die besten: Die Geburt Christi (in Neapel, Museo di Capodimonte), der Hieronymus-Altar (in Wien) und das Marienaltärchen (in Berlin)
Im Jahr 2000 Stiftung gegründet
Obwohl Jacob Cornelisz. zu seiner Zeit ein erfolgreicher und viel gefragter Maler war, ist er heute beim großen Publikum nur wenig bekannt. Um wieder auf ihn aufmerksam zu machen, wurde im Jahre 2000 in Ostzaan, seinem Geburtsort, die Stiftung "Jacob Cornelisz. van Oostsanen" gegründet. Sie organisiert seitdem Ausstellungen und Lesungen über ihn und sein Werk und gibt dazu ein halbjährliches Rundschreiben heraus, den "Jacobsboden".
Neuer Bestandskatalog in Arbeit
Im Amsterdamer Rijksmuseum, das sechs Gemälde von seiner Hand besitzt und drei, die mit ihm in Verbindung gebracht werden, wird zurzeit an einem neuen Bestandskatalog gearbeitet. Aus diesem Anlass werden die neun Werke ausführlich aufs Neue untersucht. Die Veröffentlichung des Katalogs ist für Mitte 2008 vorgesehen.
Werke in Deutschland
Kassel (Gemäldegalerie Alte Meister)
- Noli me tangere, 1507
- Flügelaltar mit Allerheiligenbild, 1523
Weiter zum nächsten Kapitel: Der Maler Cornelis Cornelissen van Haarlem
Zurück zum Inhaltsverzeichnis
Zurück zur Zeittafel