Der Theologe Cornelis Cornelissen van den Steen
oder
Cornelius a Lapide
Fast zur gleichen Zeit wie der Maler Cornelis Corneliszoon/Cornelisz/Cornelissen van Haarlem lebte ein anderer Cornelis Cornelissen, der heute ebenfalls noch in nahezu allen Lexika zu finden ist, nämlich der Theologe Cornelis Cornelissen van den Steen (= von dem Stein oder vom Stein). Sein Name ist ein augenfälliges Beispiel dafür, wie im 16. und 17. Jh. zwischen der niederländischen und lateinischen Form gewechselt wurde. Dabei wurde aus Cornelissen (= Sohn des Cornelius) im Lateinischen "des Cornelius" (= Cornelii). Die Ausführungen über ihn im Lexikon für Theologie und Kirche, Ausgabe 1994 beginnen so:
"Cornelius a Lapide (Cornelis Cornelissen van den Steen), SJ (1592), Exeget, * 8.12.1567 Bocholt bei Lüttich, † 12.3.1637 Rom; 1598–1616 Professor für Exegese in Löwen, seit 1616 am Collegium Romanum. Zu der ganzen Bibel (außer Psalmen und Job) verfaßt er ausführliche Kommentare mit vielen Materialien aus der patr. und ma. Tradition, die er nicht immer mit der notwendigen kritischen Distanz verarbeitet. ... "
Titelblatt des 1777 in 2. Auflage erschienenen Kommentars zu den vier Evangelien von Cornelis Cornelissen van den Steen. Abgefasst in Latein (CORNELII A LAPIDE COMMENTARIUS IN EVANGELIA). Zwei Bände in einem: 1. Band: 476 Seiten + Index; 2. Band 420 Seiten + Index. Größe 33,5 x 23,5 x 7, 5 cm, Halbledereinband.
Der Verfasser bekam das Werk Weihnachten 2003 von seiner Frau geschenkt. Sie hatte den Band im Internet bei eBay unter 21 Geboten für 100 Euro ersteigert.

"Einer der fruchtbarsten Exegeten des Jesuitenordens"
Die umfangreichen Schriften des Cornelis Cornelissen zur Bibelauslegung - die erste Sammelausgabe 1681 zu Antwerpen umfasste zehn Foliobände - waren in den vergangenen drei Jahrhunderten sehr verbreitet. So heißt es in der 1898 von D. Albert HAUCK herausgegebenen Realencyclopädie für protestantische Theologie und Kirche:
"Cornelius ist einer der fruchtbarsten Exegeten des Jesuitenordes; seine Kommentare haben die weiteste Verbreitung gefunden und sind bis auf die Gegenwart wirksam geblieben. Sie stehen wie die seiner Ordensgenossen ... im Dienste der katholischen Propaganda. Wurde doch gerade im Jesuitenorden im 17. Jahrhundert die Schriftauslegung am eifrigsten gepflegt, um den Ketzern, die sich auf die Schrift beriefen, die Waffen zur Verteidigung und zum Angriff aus der Hand zu winden."
Allerdings steht die Qualität seiner Werke selbst nach Meinung katholischer Fachleute nicht ganz im Verhältnis zu ihrer weiten Verbreitung. Das 1891 in der Herder’schen Verlagsbuchhandlung erschienene Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon führt zu seiner Bearbeitung des Neuen Testaments aus:
"(Sie) ist von allen Commentarien unter dem Clerus am weitesten verbreitet und am längsten in fortwährendem Gebrauche geblieben, obschon dieselbe den Commentarien des ... wie an exegetischer Methode, so überhaupt an Werth bei weitem nachsteht."

Zu seinem Kommentar über den Pentateuch und die Paulusbriefe heißt es kritisch:
"...es erscheinen darin die Fehler des ungebührlichen Abgehens von den strengen Gesetzen der Auslegung, allzu großer Aufhäufung eines oft gar zu entfernt liegenden fremdartigen Materials, ermüdender Weitschweifigkeit verhältnißmäßig weniger fühlbar."

Die Prediger Arnold und Peter Cornelisz
Sogar ein deutsches Werk, nämlich die Allgemeine Deutsche Biographie, deren 4. Band 1876 erschien, behandelt des längeren zwei holländische Cornelisz, und zwar zwei Prediger an der Wende des 16./17. Jh. Der eine, Arnold Cornelisz, war 1547 in Delft geboren und wirkte lange als Prediger bis zu seinem Tod 1605. Wie es in der Allgemeinen Deutschen Biographie heißt, "übte er durch Schrift und Lehre einen gewissen Einfluß auf den Gang der kirchlichen Sachen in den Niederlanden aus und zeichnete sich durch Beredsamkeit, Eifer, Demuth und Mäßigung aus". Es setzte sich vor allem mit dem Calvinismus auseinander.
Der andere, Peter Cornelisz, war zunächst Korbmacher in Alkmaar und wurde dann Prediger für die Reformation. Bekannt ist, dass er in vielen Orten der Niederlande zwischen 1566 und 1619 predigte. Die Deutsche Biographie schreibt abschließend über ihn: "Als Schriftsteller ist er nicht aufgetreten, um so mehr aber verdankt die Reformation der Niederlande seiner praktischen Thätigkeit."

Noch viele andere
Das Biographisch Woordenboek der Nederlanden, 1969, behandelt außer den vorgenannten Namensträgern noch eine Anzahl weiterer Cornelis/Cornelisz, vor allem aus späterer Zeit. Es verwendet dabei nicht die Form Cornelissen (außer bei Cornelisse, also am Ende ohne n), sondern jeweils Cornelisz, mal mit Punkt, mal ohne Punkt am Ende.
Auf diese aktuellen niederländischen Cornelissen wird im Kapitel Bekannte belgisch/niederländische Namensvettern noch eingegangen.


Als Zweitform: Josephus Cornelii
Wären die Standesämter heute nicht so streng bei der Schreibung der Familiennamen, gäbe es für lateinisch gebildete Cornelissen noch eine kürzere Form des Namens, nämlich "Cornelii" (= Genitiv von Cornelius).
Dies heißt "des Cornelius" im Sinne von Sohn des Cornelius oder Cornelius’ Sohn. In früheren Jahrhunderten, als Gelehrte noch in Latein schrieben, hätte sich z. B. Josef Cornelissen als Verfasser eines (lateinischen) Buches wahrscheinlich Josephus Cornelii genannt. So hieß der berühmte niederländische Jesuit und Exeget Cornelis Cornelissen van den Steen (1567–1637) in der lateinischen Version Cornelius Cornelii. Der Artikel über ihn in Meyers enzyklopädischen Lexikon von 1972 beginnt so: "Cornelius a Lapide, eigtl. Cornelius Cornelii (Cornelissen) van (den) Steen ..."


Weiter zum nächsten Kapitel: Ketzer und Meuterer Jeronimus Cornelisz/Cornelissen
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