"In der sachtesten Mannigfaltigkeit fliet eins in das andere, keine Höhe zieht das Aug und das Verlangen auf eine einzigen Punkt, man streicht herum ohne zu fragen wo man ausgegangen ist und hinkommt".Hierbei wird nicht nur anstelle unseres heutigen ß das verwendet, sondern auch jeweils zwischen dem langen und kurzen s unterschieden. (Allerdings sind wir nicht sicher, ob Goethes Schreibweise genau beachtet wurde.)
Die Neuregelung der Schreibweisen von ss und ß ist die quantitativ bedeutendste und am meisten ins Auge fallende Veränderung durch die Rechtschreibreform. Obwohl sie vorderhand leicht einsichtig und "narrensicher" zu sein scheint, hat sie doch einen schwerwiegenden Strukturfehler, der sie ganz im Gegenteil zu einer Fehlerquelle erster Ordnung macht. Sie bringt das Schriftzeichen ß mit der Aussprache in Zusammenhang (nach kurzem Vokal ss, nach langem ß), aber damit hat das Eszett überhaupt nichts zu tun. Das ß gibt es deshalb, um anzuzeigen, dass zwei aufeinanderfolgende s nicht getrennt werden können. (Das ist zugleich die "alte" – = komplizierte? – Regel: "Wenn ss nicht getrennt werden kann ("Verdruß, schließt") oder darf ("flie-ßen"), ist ß zu schreiben.") Weil an einem Wortende deshalb nie ss stehen kann (sondern nur s oder ß), zeigt das ß zugleich bei Zusammensetzungen die Trennfuge deutlich an.
Sie ist aber auch in sich ganz einfach schlecht, weil sie eine reine Kopfgeburt ist - sie wurde 1829 tatsächlich schlicht und einfach von einem Herrn Heyse erfunden! - und an der Grundtatsache vorbeigeht, daß das Eszett zwei untrennbar verbackene s darstellt. ... Es hat sogar schon einmal einen Praxistest für diese "Neuregelung" gegeben: Am Ende des vorvorigen Jahrhunderts galt die Heyse-Regel 20 Jahre lang in Österreich. Dann wurde sie als nutzlos beerdigt und durch die bessere Regelung ersetzt, die wir alle bis vor wenigen Jahren völlig problemlos genutzt haben.In der Tat erscheinen die Gründe gegen die Neuregelung beim ß überzeugend: Der Verfasser selbst ist der Meinung: Entweder das ß ganz abschaffen (was kulturgeschichtlich zu bedauern wäre) oder nicht mehr zwischen "das" und dass" zu unterscheiden oder zur alten Regelung zurückkehren. Dies hat aber nichts mit der Schreibweise des Familiennamens Cornelissen zu tun. Der Name sollte sich - wie in den nachfolgenden Kapiteln "Ein Buchstabe geht unter" und "Unnaer Cornelissen für ss" näher dargestellt - mit ss schreiben, also "Cornelissen".
Ein wie das ß ("scharfes s") aussehendes Zeichen findet sich schon als Kleinbuchstabe in der griechischen Schrift, die etwa im 8. Jh. die schon lange bestehende Großbuchstaben-Schrift (= Majuskelschrift) durch eine Minuskelschrift (= Kleinbuchstaben) ergänzte. Dort ist ß das Zeichen für das kleine b (= beta), das heute wie w gesprochen wird. |
Nun hatte Jupp damals häufig in Brüssel in EU-Sachen beruflich zu tun. Bei den Grenzkontrollen, auf der Hinreise erst die deutschen, dann die belgischen Grenzbeamten, auf der Rückfahrt umgekehrt, stutzten diese regelmäßig, blätterten im Personalausweis nach hinten zur Seite 8, lasen sorgfältig die Berichtigung durch, sahen sich den Namensträger mit einem langen Blick an und pflegten dann wortlos den Ausweis zurückzugeben. Der eine oder andere schlug anfangs auch noch im Fahndungsbuch nach. Bei der beschränkten Beamtenzahl am Aachener Grenzübergang kam es mit der Zeit dazu, dass beim Anblick des berichtigten Namens ein Ausdruck des Wiedererkennens über das Gesicht des Beamten huschte und er hinten nicht mehr nachblätterte. Einem deutschen Grenzer entfuhr es dabei auch: "Ach, Sie wieder!" |