In Norddeutschland von Holländern eingeführt?
Im Norden Deutschlands, vor allem in Schleswig-Holstein, trifft man ab und zu auf den Familiennamen Cornelius/Cornelissen in seinen unterschiedlichen Formen. Rührt er in diesem protestantischem Gebiet ebenfalls von der Verehrung des heiligen Papstes Cornelius her, für die dort aber keine Anhaltspunkte vorliegen? Wohl kaum direkt.

"Holländer" in der Milchwirtschaft
Wahrscheinlich geschah die Namenseinführung durch Niederländer dieses Namens, die dort schon vor Jahrhunderten ansässig wurden. So nennt oder nannte man in Schleswig-Holstein die Betreiber einer speziellen Art von Milchwirtschaft "Holländer" – ähnlich wie an anderen Orten die Bezeichnung Meier verwendet wird. Diese Holländer pachteten die Milchviehherde und das "Holländerei"-Gebäude von einem Gutsherrn, erhielten die Viehweiden und nach der Ernte die Stoppelfelder zur Gräsung. Die Holländer ihrerseits brachten ihr Wissen über die Butter- und Käseherstellung, die Betriebsausstattung in Form der Geräte zur Milchverarbeitung und ihre Verbindungen zu Händlern in den Abnahmegebieten ein.
Vermutlich kommt der Ausdruck "Holländer" daher, dass es sich ursprünglich um Menschen aus Holland handelte, die wie in mehreren anderen Berufen ihr fortgeschrittenes Wissen zur Anwendung brachten. Unter ihnen waren anscheinend Niederländer mit dem Vornamen Cornelius und dem Nachnamen Cornelisz/Cornelissen. Schon früh waren Niederländer in Schleswig-Holstein ansässig. Wie das Werk Geschichte Ditmarschens bis zur Eroberung de Landes im Jahre 1559 von Dr. Robert CHALYBAEUS, 1888, ausführt, waren bereits im 12. Jahrh. Holländer zur "Bedeichung der Marsche" im Norden Deutschlands eingesetzt und es gab dort zu diesem Zweck schon damals "Holländer-Kolonien". Jedenfalls war der Name Cornelisz/Cornelissen im 17. und 18. Jahrh. in Schleswig-Holstein verbreitet.
So gab es laut einer Untersuchung Holländer im Kirchspiel Brügge von Joachim MEMMERT (Zeitschrift für Niederdeutsche Familienkunde, 1/1995) in Brügge (etwa 10 km nördlich von Neumünster) von 1671 bis 1688 auf dem Meierhof Löhndorf einen "Holländer" (= Milchwirtschaftspächer) namens Daniel Corneliß oder Cornelissen. Nach seinem Tode führte seine Frau Catharina den Betrieb bis 1791 weiter. Über das Ehepaar Cornelissen (anscheinend mal Corneliß mal Cornelissen geschrieben) existiert im Schleswig-Holsteinischen Landesarchiv eine ganze Akte. Daniel Cornelissen soll nämlich 1675 unzulässigerweise einige Bäume seines Verpächters gefällt haben und von diesem eingesperrt worden sein; darüber hinaus habe 1791 Witwe Cornelissen bei Ende der Pacht "Mobilien weg practiciret".

Auch der Vorname Cornelius taucht in Memmerts Untersuchung auf: 1716 ein Cornelius Sievers, Sohn eines "Holländers" in Flemhude, 1752–1762 ein Cornelius Martens als "Holländer" auf dem Meierhof Schönhagen, sein 1754 geborener Sohn Cornelius Diederich, 1793 ein Christian Cornelius Burmeister, Sohn eines "Holländers" auf Bollbrügge. Leider lassen sich die Personen nicht weiter zurückverfolgen, weil die Brügger Kirchenbücher erst 1701, teilweise erst 1709 beginnen. (s. auch Kapitel "Corneliussen in Skandinavien")


Das "Cornelsche Haus" in Husum
Eines der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten des schönen Städtchens Husum an der Nordsee ist das 1612 errichtete "Cornelsche Haus". Bis 1753 war es das Torhaus des Husumer Schlosses. Es ist eines der am besten erhaltenen Bauwerke des Frühbarock in Schleswig-Holstein. 1753 verkaufte es die damalige königlich-dänische Amtsverwaltung in Husum in Privatbesitz.
Woher der Name?
Zunächst ist die Schreibung uneinheitlich: Neben "Cornelsches Haus" findet man "Cornilsches Haus". Richtig ist von der Entstehung her "Cornilssches Haus" (mit Doppel-s). Wie der Husumer Stadtarchivar mitteilte, gelangte nämlich das Haus im Laufe des 19. Jahrh. in das Eigentum des Rechtsanwalts Hinrich Peter Cornils (geb. in Garding 1825, gest. 1905 in Husum). Nach diesem wurde es dann benannt. Heute gehört es dem Kreis Nordfriesland. Die Familie Cornils ist noch heute in Eiderstedt ansässig.








Das 1612 errichtete "Cornelsche Haus" in Husum (Ansichtskarte 1993).

Jens Cornilsen auf Pellworm
Von der Insel Pellworm im nordfriesischen Wattenmeer ist ein Cornilsen einem größerem Publikum bekannt geworden. In einer der großen Arbeiten des berühmten Fotografen Ulrich Mack (*1934) mit dem Titel "Inselmenschen – Island People", die schon an vielen Orten gezeigt wurde, ist auf zwei Fotos ein älterer Bauer abgebildet. Der Text hierzu lautet: "Pellworm – Jens Cornilsen (69), ursprünglich Seemann. Musste nach dem Tod seiner Bruders den Hof übernehmen." Die Aufnahme ist zwischen 1978 und 1981 entstanden. Ob heute noch Cornilsens auf Pellworm leben und wie lange sie dort schon ansässig sind, wäre noch zu ermitteln.

Cornils und Cornelius in Dithmarschen
In der aus dem 12. Jahrh. stammenden St. Laurentius-Kirche in Lunden, Kreis Dithmarschen, stehen zwei hohe Steinplatten mit den eingemeißelten Namen der "Opfer des Weltkrieges" (gemeint ist der Weltkrieg 1914-1918) aus dem Kirchspiel. Aufgeführt sind dort aus dem Ort Lehe ein Ernst Cornils und aus Lunden selbst ein Friedr. Cornelius, ein Johann Cornelius und ein Ernst Cornils. In Büsum wurde 1945 bei Kriegsende von den Briten ein August Cornelius als Bürgermeister eingesetzt.

Das "Örtliche" Telefonbuch 2007/2008 verzeichnet für die Kreisstadt von Dithmarschen, nämlich Heide (2006: knapp 21.000 Einwohner):
5 Cornelius, 2 Cornils,1 Cornelsen und 1 Cornehl.
Die Form Cornehl scheint laut Mormonenarchiv eine Spezialität von Schleswig-Holstein zu sein.


Hoch oben auf Sylt
Familie Jupp und Barbara Cornelissen mit Söhnchen Jan aus Dortmund/Unna verlebt 1971 ihren Sommerurlaub auf der Insel Sylt im Wohnwagen von Schwager Günter und Schwester Helmi Noll. Am letzten Tag vor ihrer Abreise besuchen sie den Friedhof von Morsum. Zu ihrem Erstaunen entdecken sie dort das Grab für einen "Schiffskapitän" Cornelissen. Da sie keinen Fotoapparat bei sich haben, bitten sie Helmi und Günter, die anschließend nach Sylt kommen, von dem Grabstein eine Aufnahme zu machen.
Als sie ein paar Wochen später die Nolls wiedertreffen, staunen sie noch mehr: Diese bringen nämlich gleich zwei Fotos mit, aber nicht von dem Kapitänsgrab. Das eine zeigt einen Grabstein aus schwarzem Marmor mit der Inschrift:
Ruhestätte der Eheleute
Gustav Cornelisen
geb. d. 21 Okt 1845 gest. d. 26 Dec 1937.
Cornelia Cornelisen geb. Matzen
geb. d. 17 April 1851 gest. d. 31 Okt 1926
.
(Hat vielleicht die Cornelia den Gustav des Namens wegen geheiratet?)

Das andere Foto zeigt einen braunen Findling als Grabstein, der die Inschrift trägt:
Gustav Cornelisen
geb. am 8.2.1912, gefallen am 27.1.1945 in Lettland
.
Es muss somit auf dem Morsumer Friedhof mindestens drei Gräber mit Cornelissen/Cornelisen geben.

Wie kommen Träger dieses Namens, der vor allem in den Niederlanden und angrenzenden Gebieten verbreitet ist, hoch in den Norden auf die Insel Sylt? Da Morsum ein beliebter Alterssitz für pensionierte Kapitäne war, hatte sich vielleicht ein deutscher Kapitän, womöglich aus Ostfriesland, dorthin zurückgezogen. Oder sind es Nachfahren von niederländischen Deichbauern, die in das Sturmflut gefährdete Schleswig-Holstein gerufen worden waren? Oder stammten sie von holländischen Milchwirtschaftspächtern ab? Oder?




7 Cornelissen in der französischen Nationalbibliothek
Für eine größere Übersicht, wie weit Träger des Namens Cornelissen früher in Westeuropa schriftstellerisch tätig waren, ein Blick in den Katalog der französischen Nationalbibliothek mit ihrem umfangreichen Bestand. Im zusammenfassenden Katalog von 1929 (Catalogue Général des livres imprimés de la Bibliothèque National), der aber hinsichtlich des Namens Cornelissen wohl nur den Stand bis 1907 wiedergibt, finden sich folgende Autoren namens Cornelissen:
Cornelissen, Bernard: lateinisches Totengebet für einen Bischof, 1744, 22 S.
Cornelissen, Égide Norbert: 15 meist wenig umfangreiche Titel, in Französisch, eine in Latein, vor allem über Fragen der Kunst, zwischen 1810 und 1841.
Cornelisssen, Janus Jacobus: Dissertation und 5 weitere Titel, meist über römische Schriftsteller, in Niederländisch, zwischen 1864 und 1883.
Cornelissen, C. H.: Bericht über eine Expedition nach Sumatra, Leiden 1882, in Niederländisch, 318 S.
Cornelissen, Jacob: akademische Prüfungsschrift, Leiden 1885, in Niederländisch, 127 S.
Cornélissen, Christian: Drei Titel über Kommunismus, in Französisch, zwischen 1896 und 1903 (in der deutschen Bibliographie mit einer Übersetzung aufgeführt; vergl. Kapitel "Bekannte belgisch/niederländische Namensvettern").
Daneben sind dort Werke folgender Träger ähnlicher Namen zu finden:
Cornelis de Dordrecht, Brügge 1556, in Niederländisch.
Cornelisz, Andries, 1597, in Niederländisch.
Cornelis Claeszon über Ostindien, Frankfurt 1607, in Latein.
Cornelio da Bologna, Bologna 1621, in Italienisch.
Cornelis, Carolus, jur. Dissertation von 1848, in Latein.
Cornelissens ex Gils, 1873, in Latein.
Cornélis, Angèle, Paris 1880.
Cornelis, E., Brüssel 1888, in Französisch.

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