Bistum Trier
Cornelius-Verehrung
Im Bistum Trier sind heute nach Auskunft des bischöflichen Generalvikariats neun Kirchen oder Kapellen dem hl. Cornelius geweiht, in Tellig, vielleicht auch in Oberdürenbach zusammen mit dem hl. Cyprian. Anscheinend war früher in diesem Gebiet die Cornelius-Verehrung noch weit stärker verbreitet. Prof. Zender führt in seinem Werk über die mittelalterliche Heiligenverehrung, 1973, allein für die Stadt Trier sechs Cornelius-Kultstätten auf. Wie schon weiter vorn im Kapitel "Sein Haupt an vielen Orten" ausgeführt, glaubten in der Trierer Gegend drei Kirchen - neben den beiden Zisterzienserinnenklöstern in Machern und auf dem Helenenberg vor allem der Dom zu Trier - im Besitz seines Hauptes zu sein.
Fälschung: Kopf schon im 4. Jh. nach Trier
Die Urkunde bezüglich der Herkunft der Cornelius-Reliquie im Trierer Dom ist jedoch eindeutig gefälscht. Es handelt sich um das so genannte Silvesterdiplom aus dem 10. und 11. Jh., eine der großen Fälschungen des Mittelalters. Danach soll Papst Silvester I. (314–335) dem Trierer Bischof Agritius (310–329) den Primat über Gallien und Germanien zuerkannt haben. Durch Vermittlung der hl. Helena, der Mutter Kaiser Konstantins des Großen (306–337), habe er Agritius, den Patriarchen von Antiochien in Syrien, der damaligen Kaiserstadt Trier als Bischof gesandt. Von der hl. Helena habe Agritius kostbare Reliquien für die Kirche von Trier erhalten, darunter den Heiligen Rock (die Tunica Christi), einen Kreuzesnagel, einen Zahn des hl. Petrus, Reliquien des Apostels Matthias, die Sandalen des Apostels Andreas "und weitere Reliquien". Von diesen weiteren Reliquien wird als einzige das Haupt des Papstes Cornelius genannt ("et capite Cornelii papae"). Offenbar sollte der Besitz der hoch angesehenen Reliquien den angeblichen Primat Triers über Gallien und Germanien untermauern. Wenn unter diesen Reliquien auch das Haupt des Cornelius genannt wird, zeigt schon dies, welch hohen Rang man im 10. bis 12. Jh. diesem Heiligen beimaß.
Vermutlich hat dann das ganze Mittelalter hindurch die Verehrung des hl. Cornelius angehalten So wurde, wie Prof. Zender berichtet, das Cornelius-Haupt im 16. Jh. mit folgenden Worten im Dom gezeigt:
"Zum sechsten Mal ... Haupt des großen getreuen Nothelfers Papstes und Martyrers sancti Cornelii. Es ist das Obertheil die Hirnschale von der Nase hinauf ganz und gar ... anrufen, auf daß wir behütet werden vor der ... Krankheit der fallenden Sucht, dafür er insonderheit bei Gott zu bitten mächtig ist."
Die während der Französischen Revolution eingeschmolzene Reliquienbüste des hl. Cornelius (links)
mit dem (angeblichen) Haupt des Heiligen. (auf einem Wallfahrtsbild von 1655)
Auf einem Wallfahrtsbild von 1655, das sich im Trierer Domschatz befindet, sind die 17 bedeutendsten Reliquien der Kirche wiedergegeben, die damals ausgestellt wurden: Neben dem Heiligen Rock und den Häuptern des Apostels Matthias und der Kaiserin Helena als Nummer 7 befindet je eine Reliquien-Büste des hl. Cornelius und des hl. Märtyrers Getulius. Die Inschrift unter der Abbildung lautet:
Caput Sancti Cornenlii Pont: et Mart:
et Caput S Getulii Mart:
(Haupt des Papstes und Märtyrers Cornenlii (mit zwei n!)
und Haupt des heiligen Märtyrers Getulius)
Die Corneliusbüste wurde 1515 aufgrund des Testaments des 1510 verstorbenen Domprobstes Johann von Hohenfels durch den Trierer Goldschmied Wymer hergestellt. Während der Französischen Revolution wurde sie eingeschmolzen (Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Band 13,1,1, 1938). Die Reliquie ist verschollen.
Enthauptungs-Darstellung in der Trierer Paulinkirche
Die Kirche St. Paulin in Trier besaß laut Prof. Zender schon bei der Weihe im Jahre 1147 (oder am 31.1.1148) durch Papst Eugen III. Altarreliquien des hl. Cornelius. Es soll sich um due partes de spina sti Cornelii, d. h. um zwei Teile der Wirbelsäule des Heiligen handeln. Diese mächtige, vor den Mauern der Stadt gelegene Kirche wurde 1673 von den Franzosen, die Trier zu einer Festung ausbauten, aus militärischen Gründen gesprengt. Über 60 Jahre später wurde auf ihren Mittelschiff-Fundamenten nach Plänen des berühmten Baumeisters Balthasar Neumann zwischen 1732 und 1757 die heutige Barockkirche erbaut, die laut Baedeker von 2002 "als eine der bedeutendsten Barockbauten des Rheinlands gilt".
Papst Cornelius wird enthauptet.
Gemälde von Ludwig Counet, 1711/1714, in der Trierer Paulinkirche. (Foto 16.4.2004)
Dem heutigen (2004) Besucher fällt auf der linken Kirchenwand nahe der Orgeltribüne ein großformatiges Gemälde ins Auge. In der Mitte des Bildes ist ein halbnackter, muskulöser Mann mit rotem Gewand zu sehen, der mit einem großen Schwert ausholt, einem vor ihm knienden, bärtigen Priester den Kopf abzuschlagen. Dieser streckt die Hände zum Gebet gefaltet nach vorn und neigt ergeben den Kopf, um den tödlichen Streich zu empfangen. Zur Kennzeichnung, dass es sich bei dem Opfer um einen Papst handelt, steht neben ihm auf dem Boden eine Art Tiara, allerdings ohne die dreifache Krone. Den Hintergrund bildet eine Schar Menschen, anscheinend die nächsten Todesopfer. Unten auf dem Bild ist in großen Buchstaben auf weißem Grund die Inschrift zu lesen:
S. CORNELIUS PAPA DIU CENTUM=CELLIS PRO CHRISTO VINCTUS,
SUB GALLO ET VOLUSIANO, CUM CEREALE CUSTODE CARCERIS
ET SALUSTIA AB IPS0 BAPTIZATIS, ROMAE CAPITE PLEXUS EST.
(Der heilige Papst Cornelius, der lange Zeit in Centumcellae Christi wegen verbannt war,
wird unter (der Herrschaft der Kaiser) Gallus und Volusianus zusammen mit dem Gefängniswächter Cerealis und Sallustia,
die beide von ihm getauft worden waren, in Rom enthauptet.)
Es ist also die Legende von Enthauptung des Cornelius nach der Bekehrung des Hauptmanns Cerealis und seiner Frau Sallustia dargestellt.
Der 1997 in 3. Auflage erschienene Kirchenführer von Ernst VIERBUCHEN und Ernst STEFFNY erwähnt dieses Bild nicht. Es sind aber dort fünf Gemälde gleichen Stils und mit Inschriften der gleichen Art abgebildet. Sie wurden - einschließlich des Cornelius-Bildes - in den Jahren 1711 bis 1714 von dem Lütticher Maler Ludwig Counet gemalt, der von 1700 bis 1721 in Trier tätig war (Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Band 13,3, 1938). Zu dieser Zeit lag die romanische Vorgängerkirche bereits in Trümmern. "Um" - wie es in dem Kirchenführer heißt - "die Pauliner Tradition zu wahren, gab man die Bilder in Auftrag" und ließ sie in der daneben stehenden unzerstörten Walpurgiskirche aufhängen. Als dann 1808 Kaiser Napoleon den Abriss der Walpurgiskirche anordnete, übernahm man die Gemälde in die neue Barockkirche. Nach der Restaurierung in den Jahren 1985 bis 1991 brachte man sie laut Kirchenführer ins Magazin des Diözesan-Museums. Das Gemälde mit dem Martyrium des hl. Cornelius blieb aber an seinem angestammten Platz. Irgendwelche Cornelius-Verehrung findet jedoch - wie auf Befragen zu hören war - nicht statt.
Trotz der ehemals vielen Cornelius-Reliquien in der Stadt Trier sind dort heute (2004), wie die Befragung sachkundiger Personen ergab, Papst Cornelius und der Vorname Cornelius nahezu unbekannt.
Andererseits kann man im Bistum Trier an anderen Orten, ohne offensichtlichen Grund, auf den Vornamen Cornelius treffen. So tragen in Bad Bertrich, Landkreis Cochem-Zell, auf einer Gedenktafel in der katholischen Kirche von den 21 Gefallenen des 1. Weltkrieges (1914–1918) zwei den Namen Kornelius (1914: Britz Kornelius, 1917: Holzen Kornelius). Auf der Gedenktafel mit den fast dreimal soviel Gefallenen des 2.Weltkrieges heißt allerdings keiner mehr Cornelius.
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