Belgien

Wo Cornelius seine meisten Verehrer hatte
Auf dem Gebiet des heutigen Belgien liegen mit Abstand die meisten Kultstätten zu Ehren des hl. Papstes Cornelius. In dem Werk von Prof. Zender über die mittelalterliche Heiligenverehrung, 1973, entfallen hierauf 210 der rund 630 aufgeführten Kultstätten - also rund ein Drittel.
Umstritten ist, wie weit die Cornelius-Verehrung in Belgien auf Compiègne in Frankreich oder auf Kornelimünster in Deutschland zurückgeht. Prof. Zender neigt dazu, dass auch hier der Einfluss von Kornelimünster bestimmend war. Jedenfalls sei "ganz Flandern von Ypern bis Maastricht" von Kornelimünster beeinflusst gewesen. In der (französischsprachigen) Wallonie dagegen habe sich nie ein größerer Corneliuskult entwickelt, und wenn, dann immer nur - wie in Frankreich - als Patron der Haustiere; im französischen Sprachgebiet war bei Fallsucht der hl. Ägidius der Schutzheilige.
Wallfahrtsfähnchen aus Lier in Belgien, wo Cornelius schon seit dem 15. Jh. verehrt wird. Das Bild stellt das "Wägen" dar. Hierbei wird die dem Gewicht des Kranken entsprechende Menge Korn (oder der Erlös aus dessen Verkauf) geopfert. (Abbildung bei Prof. Zender)
Die Cornelius-Verehrung im heutigen Belgien und in den heutigen Niederlanden - teilweise auch im Rheinland - gehört laut Prof. Zender einer relativ späten Zeit an, nämlich dem 15. Jh. und später, ja selbst noch dem 20. Jh. Hierbei ging es ganz überwiegend um Beistand gegen die Fallsucht.
Im nördlichen, flämischen Teil Belgiens sind heute anscheinend vier Kirchen dem hl. Cornelius (flämisch: Sint Kornelis) geweiht, nämlich in Ninove, in Gebrode in der Provinz Brabant sowie in Horebeke und Ruien in der Provinz Ostflandern.

Hühner- und Kaninchenopfer, bei Keuchhusten und Warzen
Hauptorte der Verehrung waren und sind auch wohl noch heute Ronse und Ninove. Beide Orte hat der Verfasser besucht und berichtet anschließend näher darüber. Aus Prof. Zenders Werk nachstehend einige Stätten mit Besonderheiten, wenn nicht gar Kuriositäten des Corneliuskults: (s. auch Verehrung und Bräuche allgemein)
In Aalbeke in Westflandern nördlich von Lille, wo Cornelius 1455 als Pfarrkirchenpatron erwähnt wird, befindet sich seit dem 17. Jh. eine Zahnreliquie des Heiligen aus Rom. Für jeden Pilger werden zwei Hühner gesegnet; eines wird geopfert, das andere bleibt auf dem Hof als Schutz.
In Bekkerzeel in der Provinz Brabant wird die Cornelius-Reliquie vor allem bei Fallsucht, Krämpfen und Hühnerkrankheiten verehrt.
In Diegem in Brabant - ein Ort, der früher der Abtei Kornelimünster gehörte - befindet sich die Cornelius-Reliquie in einem Horn. Bei Kinderkrämpfen wird ein lebendes Kaninchen geopfert. Die Wallfahrten finden vor allem an Ostermontag und -dienstag statt.
In Denderbelle in Ostflandern wird Cornelius bei Krämpfen und Hühnerkrankheiten und zum Schutz der Kinder verehrt. Die Wallfahrt zu Pfingsten dorthin, genannt "Sinksenbelle" ist schon im 17. Jh. belegt; man zog dabei dreimal um die Kirche. Es wurde, wie auch von mehreren anderen Orten bezeugt, "een levend hart" (= ein lebendes Herz) geopfert. Gemeint war damit ein lebendes Tier, das zugunsten der Kirche verkauft wurde. In Denderbelle war es ein Huhn.
In Erps in Brabant wird der Heilige bei Kinderkrämpfen und Krankheiten der Hühner und des Hornviehs angerufen.
In Gent ist die Cornelius-Wallfahrt seit 1400 bei Fallsucht, Krämpfen und Kinderhusten bezeugt.
In Gutschoven in Brabant ist die Kirche den "Drei Mohren" von Köln geweiht. Die Cornelius-Verehrung ist dort seit dem 16. Jh. bei Keuchhusten bezeugt. Haare und Flechten von Kindern sowie Kinderkleidchen werden geopfert. Die Pilger lassen ein Kuhhorn weihen und geben Kindern daraus geweihtes Wasser zu trinken.
In Hekelgem in Brabant wird Cornelius bei Kinder- und Hühnerkrankheiten angerufen. Am ersten Montag im Monat findet zu Ehren des Heiligen eine so genannte "Greeversmis" statt. Bei der Wallfahrt geht man dreimal um das Bild des Heiligen und dreimal um die Kirche. Das Opfergeld wird von den Kranken vor dem Opfer in Weihwasser des Krankenzimmers getaucht. Es besteht auch eine Cornelius-Bruderschaft.
In Mons wurde Cornelius im 19. Jh. als Schutzpatron der Gerber verehrt.
In Passchendaele bei Tournai wurden am Festtag des Cornelius Kühe und Pferde geopfert. Ein Priester segnete sie, dann kaufte man sie zurück und ließ sie frei im Hof herumlaufen. Sie durften nicht verkauft werden, sondern starben eines natürlichen Todes.
In Septon im Bistum Lüttich macht man über Warzen ein Kreuzzeichen und betet fünf Vaterunser und fünf Ave-Maria zu Ehren des hl. Cornelius.
In Serskamp im Bistum Cambrai wird Cornelius bei der Pest angerufen.
In Sint Amands in der Provinz Antwerpen, wo sich seit 1764 Cornelius-Reliquien befinden, wird der Heilige vor allem bei Keuchhusten und Kinderkrämpfen angerufen. Die Wallfahrer ziehen zum Fest des Heiligen am 16. September dreimal um die Kirche. Dabei nimmt ein Pilger neun Kinder mit. An jedem 2. Dienstag im Monat ist Messe zu Ehren des Heiligen. 1933 wurde eine Cornelius-Bruderschaft gegründet.
In Sint Pieters-Leeuw werden bei Hühnerkrankheiten Huhnopfer dargebracht. Wallfahrten finden am Pfingstdienstag und am 3. Sonntag nach Ostern statt; dabei zieht man dreimal um die Kirche.
In Sint Pieters-Voeren im Bistum Lüttich im Dreiländereck wird Cornelius vor allem von Epileptikern angerufen. Der Kranke opfert sein Gewicht in Korn oder den Gegenwert in Geld. Am Corneliustag (16.9.) ist für ihn Arbeitsruhe, er opfert einen silbernen Pfennig und - er oder ein Stellvertreter - fastet. 1763 wurde eine Cornelius-Bruderschaft gegründet, seit 1764 sind Wallfahrten bezeugt, 1766 kamen Cornelius-Reliquien aus Rom. Mit den Reliquien erfolgt am Corneliustag eine Kindersegnung.
In Snaaskerke im Bistum Tournai ist Cornelius schon 1455 als Pfarrpatron bezeugt. Er wird verehrt bei Fallsucht, Kopfleiden, Kinderkrankheiten und als Viehpatron. Seit 1679 besitzt die Kirche Cornelius-Reliquien, seit 1681 besteht eine Cornelius-Bruderschaft. Bei der Wallfahrt ziehen die Pilger dreimal um die Kirche. Jeden Mittwoch ist eine Messe zu Ehren des Heiligen.
In Wannegem-Lede im Bistum Tournai wird Cornelius bei Fallsucht, Gicht, Keuchhusten und Lahmheit um Beistand gebeten.
In Webbekom, Bistum Lüttich, ist Cornelius seit 1793 Nebenpatron der Pfarrkirche. Er wird vor allem bei Krämpfen angerufen. Bis 1934 war das Wägen in Übung. Die Pilger zogen dreimal um die Kirche und dreimal um das Cornelius-Bild. Es wird geweihtes Wasser ausgegeben. Montags ist eine Messe zu Ehren des Heiligen mit Kindersegnung. Die bereits um 1700 erwähnte Cornelius-Reliquie stammt aus dem Schädel des Heiligen. 1836 wurde eine Cornelius-Bruderschaft gegründet.
In Werchter bei Löwen (Leuven/Louvain) wird Cornelius als Patron der Pferde verehrt. Zu seinen Ehren findet ein Pferderitt statt, früher erfolgte eine Menschen- und Pferdesegnung. Vor 1914 gab es auch Wallfahrten. Auch das Wägen war üblich. Am 1. Mittwoch im Monat wird eine Messe zu Ehren des Heiligen gelesen. Im 17. Jh. besaß die Kirche schon eine Cornelius-Reliquie.
In Woensdrecht, Bistum Lüttich, wird Cornelius verehrt bei Fallsucht, Halskrankheit und Keuchhusten.
In Zandvoorde bei Ypern wird Cornelius bei Fallsucht, Kinderkrankheiten und als Patron der Tiere verehrt. Die Pilger ziehen dreimal um die Kirche und dreimal um sein Bild. Früher ließ man dann einen Hahn oder ein Kaninchen segnen, damit es zu Haus auf dem Hühnerhof oder im Stall Glück bringt. Eine Statue des Heiligen stammt von 1665. 1768 wurde eine Cornelius-Bruderschaft gegründet.

Brüssel: Armbrustschütze Cornilis Witler mit Papst Cornelius
In der von der Schützenbruderschaft errichteten spätgotischen Kirche Notre-Dame au Sablon in Brüssel ist in der Mitte der rechten Kirchenwand ein interessantes Gemälde zu bewundern. Es zeigt die Himmelfahrt Mariens (= Festtag der Schützen) und an beiden Seiten vier betende Männer in schwarzen Gewändern mit weißen Halskrausen, anscheinend die Offiziere der Brüsseler Schützengilde. Hinter jedem Schützen steht - etwas kleiner - eine weitere Person, vermutlich der jeweilige Namenspatron (obwohl sie keinen Heiligenschein tragen). Der Offizier links innen heißt, wie unten eine mit Armbrüsten und Wappen versehene Inschrift ausweist, Cornilis Witler. Der Heilige hinter ihm muss Papst Cornelius sein: Er trägt Tiara, Kreuzstab und in der Linken ein schwarzes Horn. Oben auf dem Rahmen des Gaspard de Crayer (1584–1669) zugeschriebenen Bildes ist in Latein zu lesen:
MEDIATRIX NOSTRA QUE ES POST DEUM SPES SOLA TUO FILIO NOS REPRESENTA 1599
(Unsere Mittlerin, die du nach Gott die einzige Hoffnung bist, empfiehl uns deinem Sohn).


Und ein Corneliusberg
In Cornillon bei Lüttich war das ehemalige Prämonstratenserstift angeblich früher dem hl. Cornelius geweiht. Bereits für das Jahr 1244 wird von einer Prozession zum guten Gedeihen der Feldfrüchte nach Cornelimontem (lateinisch, = Corneliusberg) berichtet. Das Stift hieß im 17. Jh. Mons S. Cornelii (= Berg des hl. Cornelius), obwohl Cornelius nicht Patron war.
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