Filialkirche St. Cornelius in Todtnau-Muggenbrunn
Vorgängerkapelle jetzt Veranstaltungsraum und Ferienwohnung
Muggenbrunn gehört seit 1974 zur 6,2 km unterhalb gelegenen Stadt Todtnau im Kreis Lörrach im Naturpark Südschwarzwald. Es ist ein malerischer Luftkurort und Wintersportplatz auf 970 m Höhe an der Südflanke des Schauinsland und zählte im Jahr 2007 - ohne die vielen Touristen - 230 Einwohner.


Die 1954 geweihte Filialkirche St. Cornelius in Muggenbrunn. (Foto 28.4.2008)

Ein Schmuckstück des Ortes ist die in den Jahren 1952-54 erbaute Filialkirche St. Cornelius. Sie gehört zur Pfarrgemeinde Todtnau mit der Pfarrkirche St. Johannes der Täufer. Der weiße Bau mit quadratischem Dachreiter liegt auf der Ostseite der Straße von Todtnau zum Passübergang Notschrei am Hang hinter den Häusern. Es dürfte sich um die höchst gelegene Kultstätte für Papst Cornelius in Deutschland handen, wenn nicht sogar überhaupt. Erbaut wurde die 26 m lange und knapp 12 m breite Kirche nach Plänen der Architekten Fridolin Bosch und Rupert Muffler vom Erzbischöflichen Bauamt Freiburg, geweiht wurde sie am 25. Juli 1954. Die Chorwand der Kirche zeigt ein Glasmosaik des tschechischen Künstlers Antonin Klouda aus Prag von 1983 mit den Seligpreisungen der Bergpredigt.

Wandteppich mit Cornelius
Auf Papst Cornelius weist nur ein gestickter Wandteppich auf der Westseite über der Kanzel hin. Geschaffen wurde er von der westfälischen Künstlerin Lucy Vollbrecht-Büschlepp (1917-1995, Bocholt), die hier oft in Ferien war. Cornelius ist atypisch nicht mit päpstlichen Insignien dargestellt, sondern wie ein junger Priester mit Bart und einem goldenen Buch in der Hand. Daneben gibt es eine Marien- und Corneliusglocke im Dachreiter (1950, von Albert Junker, Brilon).


Wandteppich, Papst Cornelius darstellend, in der Muggenbrunner Corneliuskirche. (Foto 28.4.2008)



Große Verdienste um diesen Kirchenbau hat sich Kaplan Josef Vienenkötter aus dem Bistum Münster in Westfalen erworben. Ihn hatte die Ausheilung eines Lungenleidens zu einer mehrjährigen Tätigkeit auf die Schwarzwaldhöhen gezwungen. Durch viel selbstlosen Einsatz, Lichtbildervorträge und persönliche Werbung trug er maßgeblich zur Finanzierung bei. (Am 21.12.1914 im westfälischen Everswinkel geboren, empfing er am 14.6.1940 durch den Bischof von Münster, Clemens August Graf von Galen die Priesterweihe. In Muggenbrunn war er von März 1950 bis Juni 1956 tätig. Er starb am 18.4.1990 im Range eines Prälaten in Münster.)

Die 1900 erbaute Corneliuskapelle
Die neue Kirche war gebaut worden, weil die vorhandene Corneliuskapelle zu klein geworden war.


Muggenbrunn. Die ehemalige Corneliuskapelle von 1900 unmittelbar neben der Straße zum Pass Notschrei, jetzt oben Ferienwohnung, unten Veranstaltungsraum. Links neben dem Dach ist der Dachreiter der Kirche St. Cornelius von 1952/54 zu sehen. (Foto 28.4.2008)



Bereits Mitte des 18. Jh. wollte man in Muggenbrunn eine Kapelle errichten. Das damals zuständige Bischöfliche Ordinariat in Konstanz erteilte jedoch keine Baugenehmigung. Über 100 Jahre später wurde aber der Bau möglich. Hauptstifter mit 7.500 Mark war ein Markus Hölzle aus dem angrenzenden Ort Aftersteg. Am 15.4.1896 beschloss der Muggenbrunner Gemeinderat, seine Stiftung anzunehmen. Das Erzbischöfliche Ordinariat Freiburg erteilte am 26.9.1899 die Genehmigung zum Bau der Kapelle. Aus der Urkunde zur Grundsteinlegung, die typisch sein dürfte für den damaligen Zeitgeist, sind nachstehend die wesentlichen Teile wiedergegeben:
"Zum ewigen Gedächtnis
Am ersten October des Jahres 1899, unter dem Pontifikat Leo XIII., unter der Regierung Kaiser Wilhelms II. und des Großherzogs Friedrich von Baden, während Thomas Noerber Erzbischof von Freiburg war, wurde der Grundstein zu dieser Kapelle gelegt.

Vollzogen wurde diese Handlung im Auftrag des hochwürdigsten Erzbischöflichen Ordinariats vom 28t. September 1899 No. 10,218 durch Pfarrer Scherer von Todtnau ...

Muggenbrunn, gegenwärtig ein Filialort von der Pfarrei Todtnau, mit einer ungemischt katholischen Bevölkerung von etwa 300 Seelen, wünschte schon lange im Besitz einer Kapelle zu sein. Jahrelang sehnte man sich umsonst darnach, Jahre lang betete man vor einem freistehenden Feldkreuz den sonntäglichen Rosenkranz, bis man endlich durch die Gunst der Umstände, durch Legate und milde Gaben zum ersehnten Ziele kam. Der Plan zur Kapelle wurde vom Erzbischöfliche Bauamt Freiburg bezw. vom dortigen Baudirektor Meckel entworfen und ist die Ausführung des Baues auf rund 11.000 Mark veranschlagt.

Die Bevölkerung von Muggenbrunn, welche sich eines mäßigen Wohlstandes erfreut, treibt neben ihrer Landwirthschaft noch Industrie, meist Bürstenfabrikation. Die Leute verdienen im Allgemeinen das Lob unermüdlicher Arbeitsamkeit, des Fleißes und der Sparsamkeit, aber auch einer gut religiösen Gesinnung. Möge die neue Kapelle zum Segen und Heil der braven Gemeinde recht lange erhalten bleiben und späteren Generationen Zeugnis geben vom regen christlichen Leben unseres ausgehenden Jahrhunderts."
Die Grundsteinlegung wurde auf Beschluss des Gemeinderates zusammen mit einer "Anbringungsfeier" für eine Gedenktafel an die Teilnehmer des Krieges von 1870/71 begangen.
Die Kapelle wurde dann im neugotischen Stil errichtet; sie umfasste 97 qm.
Im Laufe der folgenden Jahre stellte der Gemeinderat immer wieder Geldbeträge zum Unterhalt der Kapelle zur Verfügung, so 1901 für eine Turmuhr, 1909 für die Anschaffung eines Ofens, 1912 für die Ausmalung der Kapelle, 1927 für die Eindeckung des Turmdaches.

Als 1954 die neue Corneliuskirche bezogen war, stand die alte Kapelle zunächst leer. 1958 wurde sie an die evangelische Kirchengemeinde Todtnau verkauft, die darin ihre Sonn- und Feiertagsgottesdienste für die Protestanten der Umgebung und vor allem für die Feriengäste abhielt. Mitte der 1980er Jahre verkaufte sie die Kapelle an eine Privatperson aus Freiburg. Diese plante für das Erdgeschoss, den ehemaligen Kapellenraum, eine "Begegnungsstätte", und richtete das Obergeschoss für Wohnzwecke her. Der Eigentümer wechselte später wieder. Im Erdgeschoss finden heute (Anfang 2008) ab und zu kulturelle Veranstaltungen statt wie Aufführungen des örtlichen Chores. Die Turmuhr der Kapelle wurde im März 1954 auf Kosten der Gemeinde Muggenbrunn am Turm der neuen Kirche installiert. 1987 wurde auch die an der Kapelle befindliche Gedenktafel für die Gefallenen und Vermissten des 1. Weltkriegs im Aufgang der neuen Kirche angebracht.


Blick nach Südosten auf die Corneliuskirche. Rechts neben der Laterne das Dach der ehemaligen Corneliuskapelle. (Foto 28.4.2008)





Warum Papst Cornelius als Patron?
Fragt man in Muggenbrunn nach Cornelius, so ist der Name zwar nicht unbekannt: als Hauptmann aus der Apostelgeschichte, als Name für berühmte Römer und manchmal auch als heiliger Papst. Besondere Verehrung oder Brauchtum im Hinblick den Kirchenpatron scheint nicht zu existieren. Als Vorname ist Cornelius im Ort und in der Region ungebräuchlich. Zur Frage, warum denn seinerzeit Cornelius zum Patron der Kapelle erwählt worden sei, gibt es nur bloße Vermutungen. In dem empfehlenswerten, 2004 erschienenen Werk von Wolfgang HILGER: Muggenbrunn. Geschichte eines Schwarzwalddorfes - Vom Bürstenmacherdorf zum Luftkurort, dem weitgehend die vorstehenden Ausführungen entnommen sind und das im Detail die Errichtung von Kapelle und Kirche behandelt, findet sich hierzu nur ein Nebensatz: "Hauptstifter der 1900 erbauten neugotischen Kapelle, zu deren Patron der Hl. Papst Cornelius erwählt wurde, war ..."

(Als weitere Quelle wurde verwendet der Kleine Kunstführer von SCHNELL, Nr. 1021 (2., neu bearb. Aufl. 2001): Katholische Kirchen Todtnau)
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