Traditionsreiche Vornamen: Cornelius/Cornelia

Schlägt man eines der vielen Vornamenbücher oder die entsprechenden Glückwunschkarten auf, findet man dort sehr häufig zur Herkunft von Cornelius und Cornelia die Angabe: "Aus dem (römischen) Geschlecht der Cornelier", in einigen Fällen auch noch: "Stark wie ein Horn". Das erste ist richtig, wenn auch etwas dürftig, das zweite ist klug gefolgert, aber kaum belegt. Manche verweisen auch zutreffend auf den heiligen Papst Cornelius.
Gerade beim Namen Cornelius/Cornelia muss man zur Herkunft schon längere Ausführungen machen. Es handelt sich eben um einen der interessantesten Namen überhaupt.

Ab dem 15. Jh. überwiegend Heiligennamen
Bis ins späte Mittelalter trugen die meisten Menschen in Westeuropa nur einen Namen, den Rufnamen oder Vornamen. Erst dann setzte die Bildung eines zweiten Namens ein, des Nachnamens oder Familiennamens, der - wie schon in der Einleitung "Cornelissen - ein Patronymikon" näher dargelegt, häufig aus dem Namen des Vaters gebildet wurde. Die Rufnamen waren zunächst die überkommenen germanischen oder deutschen Vornamen. In der 2. Hälfte des 12. Jh. setzte dann im Gefolge der Kreuzzüge ein stark zunehmender Heiligen- und Reliquienkult ein, der zunächst bis zur Reformation die Namensverbreitung bestimmte. Die Kirche förderte die volkstümliche Heiligenverehrung. Im Zuge dieser Entwicklung traten anstelle der überkommenen Rufnamen die Namen von christlichen Heiligen, die dem Kind bei der Taufe gegeben wurden. Die Taufnamen wurden mehr und mehr beeinflusst durch den Heiligenkalender (Heiligenfest am Tag der Geburt oder Taufe), durch die Heiligen als Schutzpatrone der verschiedenen Berufe und als Helfer in vielen Dingen des täglichen Lebens, schließlich durch die Namen der Paten, die eine feste Einrichtung in der damligen Zeit waren. Während noch im ganzen 14. Jh. in weiten Teilen Deutschlands bei Bürgern und Bauern die alten deutschen Rufnamen vorherrschten, setzten sich um die Wende vom 14. zum 15. Jh., vor allem in der 1. Hälfte des 15. Jh., immer stärker die Heiligennamen durch. Ende des 15. Jh. hatten sie, jedenfalls im Westen Deutschlands, die alten deutschen Rufnamen weitestgehend verdrängt.

Häufig den Namen des Taufpaten übernommen
Bis in die letzten Jahrzehnte des 19. Jh. war es allgemein üblich, dass einem Kind bei der Taufe die Namen seiner Paten gegeben wurden. Im 16./17. Jh. hatte ein Kind meist zwei Taufpaten, deren Namen es bekam, wobei einer der Namen der Rufname wurde. In katholischen Gegenden konnte dies mit der verbreiteten Sitte konkurrieren, dem Kind bei der Taufe den Namen des Heiligen seines Geburts- oder Tauftages entsprechend dem Heiligenkalender beizulegen. Es bürgerte sich ein, dem Kind mehrere Vornamen zu geben. (hierzu: Das große Vornamenlexikon von WEITERSHAUS und Das große Vornamenlexikon von Duden, beide 1998).
Somit gab es eine Anzahl Möglichkeiten, warum ein Kind den Namen Cornelius oder Cornelia erhielt: Wahrscheinlich im 12. bis 15. Jh. zunächst dadurch, dass die Verehrung des hl. Cornelius - vor allem als Beschützer des Hornviehs und als Schutzpatron gegen Epilepsie und andere Nervenkrankheiten - immer populärer wurde, im kleineren Umfang wohl auch, dass Kinder am Corneliusfest, dem 16. September, oder in der Novene dazu geboren wurden; später wohl immer mehr deswegen, weil bereits die Taufpaten den Namen Cornelius/Cornelia trugen.
Laut des weiter vorn viel zitierten Werks von Prof. Zender über die mittelalterliche Heiligenverehrung (1973) gab man im Gebiet der Cornelius-Verehrung Kindern mit Vorliebe den Namen Cornelius, zumindest als zweiten Namen, um sie vor der Fallsucht zu bewahren. Noch im 20. Jh. sei dies bei Aachener Bürgerfamilien der Fall gewesen, in Köln habe es den Vornamen Cornelius schon im 12. Jh. gegeben.

Vornamen von toten Geschwistern
Bei der Zählung von Kindern nach ihrem Vornamen tritt leicht ein Fehler auf: Seit dem Spätmittelalter bis noch weit ins 19. Jh. war es in verschiedenen Regionen üblich, beim Tod eines Kindes dessen Vornamen einem danach geborenen Kind in der Familie zu geben. Bei der hohen Kindersterblichkeit früherer Zeiten war dies kein seltener Fall. Laut einer Untersuchung an der Universität Salzburg im Jahre 1999 Die Stadt im Mittelalter soll sogar "mehr als ein Drittel der im Spätmittelalter belegten Namen" von vorher verstorbenen Kindern derselben Familie stammen (Wikipedia: Kindersterblichkeit). Dies hatte immerhin den Vorteil, dass ein betimmter Vorname, auf den man Wert legte, in der Familie erhalten blieb.



Geht auf altrömischen Geschlechternamen zurück
Stellvertretend für die heutige üppige Vornamen-Literatur sei nachstehend aufgeführt, was Das große Vornamenlexikon von Duden, erschienen 1998, zum Namen Cornelius sagt:
"Cornelius, (auch:) Kornelius: männl. Vorn. lateinischen Ursprungs, der auf einen altrömischen Geschlechternamen (vielleicht zu lat. cornu "Horn") zurückgeht. Zur Verbreitung des Namens hat die Verehrung des heiligen Cornelius (Papst von 251 bis 253) beigetragen; Namenstag: 16. September."
In dem 1959 erschienenen Handbuch der Namen und Heiligen von Otto WIMMER ist der Name des Papstes Cornelius erklärt als "der Horn-Feste, Dauernde". Im Heiligen-Lexikon von STADLER und HEIM, 1858, heißt es allgemein, Cornelius, Cornelia sei ein römischer Familienname; einige würden ihn ableiten von lateinisch cornum = Cornelkirsche, andere von lateinisch cornu = Horn und übersetzen: der bzw. die Starke, Kräftige, Getreue, Dauerhafte usw. Die meisten der heutigen deutschen Vornamen-Bücher sagen aber wohl völlig richtig, Cornelius bedeute "der aus dem Geschlecht der Cornelier". Dies bedeutet aber keineswegs, dass jeder, der in der Antike Cornelius hieß, verwandtschaftlich mit diesem berühmten Geschlecht verbunden war (s. Kapitel: "Zwei Dutzend Cornelius heilig gesprochen").


In Deutschland ein "gebräuchlicher Vorname"
Das Stammbuch der Familie Josef Cornelisssen/Barbara Eckle, das diese 1967 bei ihrer Heirat ausgehändigt erhielten, herausgegeben vom Fachverlag für Personenstandsbehörden GmbH in Werne a. d. Lippe, enthält auf einer Seite ein "Verzeichnis gebräuchlicher männlicher Vornamen" und auf einer anderen der "gebräuchlichen weiblichen Vornamen". Unter den dort aufgeführten 238 männlichen und fast ebenso vielen weibliche Vornamen befinden sich auch Kornelius und Kornelia, jeweils mit k geschrieben.



Dazu noch Nelius, Nelles, Nelli ...
Gemeinsam ist diesen in der Überschrift genannten Vornamen, dass sie Formen von Cornelius bzw. Cornelia sind, und zwar solche, die von der betonten Silbe, nämlich ne ausgehen. Daneben gibt es eine zweite Gruppe - Cornel und Connie -, die von der ersten Silbe ausgehen. Darüber hinaus sind in anderen Ländern eigene Neben- oder Kurzformen von Cornelius gebildet worden, so Cornelio in Italien und Spanien, Cornelis, Corneel und Cees/Kees im Niederländischen, Neels im Friesischen, Cornel (in unterschiedlichen Schreibweisen) im Englischen, Slawischen und Ungarischen. Diese Fülle von Formen ist auch ein Beleg für die frühere weite Verbreitung des Vornamens Cornelius.

Anpassung an deutsche Betonung
Wie bei vielen anderen Vornamen in Deutschland sind die Ableitungen auch bei Cornelius weitgehend durch die Anpassung eines fremden Rufnamens an die deutsche Betonung entstanden, die grundsätzlich - Vorsilben ausgenommen - auf dem Wortanfang liegt. Bei der Eindeutschung von Namen, die den Ton nicht auf der ersten Silbe trugen, wurden zwei Möglichkeiten genutzt:
1. Die Betonung wurde auf die erste Silbe verlegt, was eine Abschwächung, Zusammenziehung oder Tilgung der hinteren Silben zur Folge hatte.
2. Die Betonung blieb auf der gleichen Silbe wie im Fremdwort, doch fielen die vorausgehenden Silben weg, so dass das deutsche Wort mit der betonten Silbe anfängt.
Als Musterbeispiel für diese Entwicklung führt der dtv-Atlas Namenkunde von KUNZE, 1999, u. a. den Namen Cornelius an, bei dem die Betonung auf der zweiten Silbe liegt. Aus der ersten Alternative haben sich danach die Rufnamen Cornel und Gornell gebildet, aus der zweiten Alternative die Formen Nell(es), Nehl, Niel(s).
Geradezu klassische Beispiele hierfür finden sich im Niederländischen, wo die gleiche Sprachentwicklung fetzustellen ist: Die holländische Form Cornelis ist heute weitgehend ersetzt durch die populären Kurzformen Cor, Kees (= 1. Alternative) und Nelis, Neelie (= 2. Alternative).
3. Dazu gab es bei vielsilbigen Fremdnamen häufignoch eine weitere Möglichkeit, nämlich eine Anpassung durch Zusammenziehung. KUNZE bringt dazu als Beispiele, die bereits aus dem Mittelalter belegt sind, u. a. Threes für Theresia und Knelles für Cornelius.

Eine Vielzahl von Variationen
Infolge dieser drei Möglichkeiten beim Namen Cornelius/Cornelia hat sich in verschiedenen Regionen im Laufe der Jahre eine Vielzahl von Formen entwickelt. In den Vornamenbücher werden sie sehr unterschiedlich und meist nur lückenhaft aufgeführt. Nachstehend eine Auswahl aus den umfangreicheren Ausgaben:
Die in der Überschrift genannten Kurzformen Nelius, Nelja, Nelleke, Nelles, Nelli sind in dem von Jakob TORSY 1977 herausgegebenen Großen Namenstagkalender aufgeführt (Cornelius ist dort mit K eingedeutscht). Träger dieser Vornamen feiern also ihren Namenstag in der Regel am 16. September, dem Festtag des heiligen Papstes Cornelius. Nach der Aufstellung dort ist Nelja eine weibliche Form und von Kornelia abgeleitet, während Nelleke weiblich wie männlich sein und damit für Kornelia wie Kornelius stehen könne.
Nach Goldmanns großem Vornamenbuch von Jacques & Johanna VASSEUR, 7. Auflage 1993, sind Niels ebenso wie Nelles und Nelli(e)s "Koseformen" von Cornelius; Cornelis und Kees seien die niederländischen Formen. Im Englischen gebe es zu Cornelius die Koseform Cornel(l).
In dem Büchlein Names for Boys von Carole BOYER, 1970 in London herausgegeben, werden für den Vornamen Cornelius folgende Verkleinerungsformen aufgeführt: Cornel, Cornell, Neal, Neil. Verwunderlich ist dort die Erklärung für die Herkunft des Namens Cornelius: Es sei das lateinische Wort für Schlachthorn ("battle horn"); von Papst Cornelius ist nicht die Rede.
Die größte Zahl der Kurz- oder Koseformen führt das 1998 erschienene große Vornamen-Lexikon von Friedrich Wilhelm WEITERSHAUS für Cornelius auf: "Cornel, Kornel, Cornelis, Cors, Kors, Niels, Nils, Nelson, Neelke, italienisch und spanisch Cornelio, slawisch, norwegisch und ungarisch Kornél" (Zur Frage "Nils von Nikolaus" Näheres im Kapitel über die Corneliussen in Skandinavien).
Andere Vornamenbücher führen als Variationen oder Kurzformen noch die Namen Cornel, Cornils, Ne(e)le, Neeltje und Ni(e)ls auf, wobei diese auch vorn mit K statt C und/oder mit Doppel-l geschrieben werden. Die Crux dieser Kurzformen ist, dass sie von unterschiedlichen Heiligennamen abgeleitet sein können. So ist Nelli nicht nur eine Kurzform von Cornelia, sondern kann auch eine Ableitung von Eleonore wie Helene sein. (Dazu speziell über Cornelia im anschließenden Kapitel "Cornelia von Cornelius!?")

Kurzformen nicht erst seit heute
Offenbar haben die Kurzformen eine sehr lange Tradition: Laut Historischem Deutschen Vornamenbuch von Wilfried SEIBICKE, 1996, sind schon im 14./15. Jh. für Erkelenz im linksrheinischen Gebiet die Formen Neil/ken, Nelis, Nelken, Nelys und Nyeles belegt, weiterhin ein Nelis 1570 in Gladbach (heute Mönchen-Gladbach?) und ein Knelles 1610–1638 in Mülheim/Ruhr.
Wie der Verfasser auf Befragen feststellen konnte, waren im Aachener Raum noch in der 1. Hälfte des 20. Jh. Nelles - so in Monschau-Rohren und Kornell (2. Silbe betont und kurz) - so in Geilenkirchen-Grotenrath - die üblichen Kurzformen für Cornelius.
Weiterhin sollen für Cornelius "die Kurzformen Korek und Korke häufig zu finden sein". Jedenfalls behauptet dies eine große, feierlich aufgemachte "Namensurkunde", wie sie auf Bestellung von spezialisierten Firmen für jeden Namen angefertigt werden und die der Verfasser zum 60. Geburtstag geschenkt bekam.
Von Ostfriesland wird mündlich berichtet, dass dort Ende des 2. Weltkrieges (also etwa 1945) der Vorname Cornelius nicht selten war. Die übliche Kurzform sei "Kneljes" gewesen.


Im Niederländischen am häufigsten
Am verbreitetsten war und ist der Vorname Cornelius einschließlich Varianten anscheinend immer noch in den Niederlanden. Schon weiter vorn wurde am Beispiel der niederländischen Maler aufgezeigt, dass dort Cornelius bereits im 16. und 17. Jh. ein sehr häufiger Vorname war.


Cornelius van Baerle, der die schwarze Tulpe züchtete
Zu den erfolgreichsten Romanen von Alexandre DUMAS dem Älteren (1802–1870), bei uns vor allem bekannt durch die Romane Der Graf von Monte Christo und Die drei Musketiere, zählt Die schwarze Tulpe (im französischen Original: La Tulipe noire). Das Werk erschien 1850 in Paris. Hauptperson des im niederländischen "Katastrophenjahr 1672" und einige Monate danach spielenden Romans ist der junge holländische Arzt Cornelius van Baerle in Dordrecht, der eine schwarze Tulpe züchten will. Für die fast unlösbare Aufgabe hat die Gartenbaugesellschaft von Haarlem einen Preis von 100.000 Gulden ausgesetzt. Überraschend wird Cornelius, der zwar selbst unpolitisch ist, aber den einflussreichen Ex-Bürgermeister und Abgeordneten Cornelis (im französischen Original Corneille) de Witt zum Patenonkel hat, als Hochverräter beschuldigt und ins Gefängnis geworfen. Er verliebt sich in Rosa, die Tochter des Kerkermeisters, die ihn zu guter Letzt rettet.

Der Roman wurde in viele Sprachen übersetzt, wobei anscheinend der Name Cornelius jeweils beibehalten wurde (im französischen Original der Aussprache wegen mit einem Akzent über dem e: Cornélius). Die englische Fassung ist heute sogar im Internet zu lesen (www.elook.org/literature/dumas/the-black-tulip/).
Schon 1921 wurde der Roman erstmals verfilmt, und zwar in den Niederlanden: ein 72-minütiger Stummfilm mit dem Titel De zwarte tulp; bekannt auch unter dem Titel The Black Tulip. 1937 erfolgte in Großbritannien eine 57-minütige Verfilmung ebenfalls unter dem Titel The Black Tulip. Schließlich produzierte und sendete die BBC 1956 in Großbritannien unter demselben Titel eine fünfteilige Fernsehserie von jeweils 30 Minuten. Die Hauptperson, Cornelius van Baerle, wurde von Douglas Wilmer gespielt.

Auch vielen heutigen Schülern dürfte die Romanfigur Cornelius vertraut sein. Seit 2004 gibt der italienische Schulmittel-Verlag Cideb in Genua La Tulipe Noire als Übungsmaterial für Französisch Lernende heraus mit Audio-CD und Übungen, allerdings in sehr verkürzter Form (ISBN 978-88-530-0131-3). In Deutschland erfolgt der Vertrieb durch den Langenscheidt-Verlag. Auch der Klett-Verlag gibt eine Fassung für Schulen heraus.
Es ist also ausreichend dafür gesorgt, dass der Vorname Cornelius im Bewusstsein bleibt - und mit den Niederlanden verbunden wird. Auf die aktuelle Namensgebung für Kinder scheint sich dies allerdings noch nicht ausgewirkt zu haben.

Zwar ist Cornelius van Baerle nur eine fiktive Person. Sein Patenonkel Cornelis de Witt, der eine wichtige Rolle in dem Roman spielt, war ebenso wie sein Bruder Johan eine historische Persönlichkeit. Beide wurden am 20. August 1672 von einer Volksmasse umgebracht. Ein großes Denkmal zur Erinnerung an sie steht im Zentrum von Dordrecht.
Falls auch insoweit Dumas' Roman historische Tatsachen wiedergibt, gab es auch eine Tulpensorte namens "Corneille de Witt", benannt nach der historischen Person gleichen Namens (Fiktion ist aber jedenfalls, dass diese Sorte in Dordrecht von seinem Patensohn Cornélius van Baerle gezüchtet wurde).



1960 Cornelis und Kees an 4., Cornelia an 6. Stelle
Laut Goldmanns Vornamenbuch war 1960 in den Niederlanden Cornelis einschließlich der dortigen Kurzform Kees der vierthäufigste Männername und Cornelia der sechsthäufigste Frauenname. Heute gelte allerdings der Vorname Cornelius oder Cornelis als veraltert und sei kaum noch zu finden. Der volkstümliche Name hierfür in den Niederlanden sei ohnehin Kees. Hört man sich jedoch vor Ort in den Niederlanden selbst um, scheint Cornelius/Cornelis durchaus noch gebräuchlich zu sein, Cornelia ohnehin. Sie erscheinen allerdings meist nur noch in der Kurz- oder Rufform.
So für Cornelis:
Kees, Koos (kann auch von Jacob abgeleitet sein), Cos, Cor, Cors (kann auch von Christiaan abgeleitet sein), Corre (vor allem in den südlichen Niederlanden), Cornelus, Cornel, Corneel (vor allem im Süden der Niederlande), Corné, Cornee, Kreel, Krelis,
für Cornelia:
Cora, Corlijn, Corneli, Cornelieke, Cornelien, Cornelijne, Cornelie, Cornélie, Cornelisje, Corneliske, dann noch Nelis, Neelie und Nellie.
Dazu als männliche wie weibliche Form Conni (mit i, ie oder y am Ende), wobei auch eine Herleitung von Constanze oder anderen Vornamen in Betracht kommt.

Gibt man heute (2015) das Stichwort Cees (steht auch für Kees) bei Wikipedia ein, so erscheinen dort als Träger dieses Vornamens rund zwei Dutzend Persönlichkeiten, die auch jeweils in eigenständigen Artikeln behandelt werden. Es sind alles Niederländer, die weitaus meisten aus früheren Jahrhunderten. Zu den heute auch in Deutschland bekanntesten Kees dürfte der 1934 geborene niederländische Maler Kees de Kort gehören, der vor allem durch seine Illustrationen von Kinder-Bibeln populär geworden ist.
Nicht zuzustimmen ist jedoch der Erklärung, die dort für die Bedeutung des Namens Cornelis gegeben wird, nämlich "Der Gehörnte", vom lateinischen cornu (= Horn). Der Vorname Cornelius/Cornelis/Kees in den Niederlanden geht eindeutig auf die Verehrung des heiligen Papstes (252–253) Cornelius zurück.


                      Die Männer mit Bärten
"Jan, Pier, Tjoris en Corneel"
Überzeugender kann wohl kaum die Popularität eines Namens zum Ausdruck kommen, als wenn er in einem Volkslied erscheint — oder das wie ein solches angesehen wird. In dem niederländischen Evergreen "Allen die willen te kaap’ren varen" (= Alle, die mit uns auf Kaperfahrt fahren) tritt neben Jan, Pier und Tjoris auch ein Corneel auf. Und das im Refrain! Anscheinend wurden Text und Melodie erstmals 1856 in den Chants populaires des Flamands de France (= Volkslieder der Flamen in Frankreich) von DE COUSSEMAKER veröffentlicht (http://liedjeskist.nl/liedjes_a-z/a-liedjes/al_die_willen_te_kaperen_varen.htm). Es erfolgte auch eine Übertragung ins Deutsche, anscheinend kurz vor oder nach dem 2. Weltkrieg. In Jugendgruppen war und ist der Ohrwurm wohlbekannt. Im großen Unterschied zum niederländischen Original wurde allerdings Corneel durch Hein bzw. Klaas ersetzt. Der entsprechende deutsche Vorname Cornelius oder auch kurz Cornel war und ist eben in Deutschland relativ selten. Für einen Seemannssong hätte er schlecht gepasst.

Es gibt heute im Deutschen zwei Fassungen. In der einen ( Die Mundorgel) heißt es "Jan und Jörg und Hein und Pit", in der anderen, wohl bekannteren Fassung (u. a. in Lieder, Songs und Gospels) "Jan und Hein und Klaas und Pitt".

Hier die niederländische Fassung, wie sie schon 1856 überliefert wurde:
Allen die willen te kaap’ren varen
Moeten mannen met baarden zijn
Jan, Pier, Tjoris en Corneel
Die hebben baarden, die hebben baarden
Jan, Pier, Tjoris en Corneel
Die hebben baarden zij varen mee
Die große Überraschung für den Verfasser (der von einem in München lebenden Holländer informiert wurde, in dessen Familie der Name Cornelis seit etwa 1800 Tradition hat und dessen zweiter Vorname so lautet): Das Stück ist heute (2009) voll "in". In YouTube kann man gleich eine ganze Reihe Videos von niederländischen Interpreten oder Bands entdecken (www.youtube.com/watch?v=jxoNe-5D_M4, www.youtube.com/watch?v=9ZWrXAhWJSQ, http://www.youtube.com/watch?v=Ox7f_8RzJcE und noch mehr).
Bei ihnen klingt Corneel nicht wie Kornehl, sondern wie Kornäll (2. Silbe betont und kurz, mit ä).

Weitere Strophen lauten:
Allen die ranzige tweebak lusten (Alle, die öligen Zwieback lieben) ...
Al die van wijven en brandewijn houden (Alle, die Weiber und Branntwein lieben) ...
Al die met ons de walrus killen (Alle, die mit uns das Walross killen) ...
Al die dood en duivel niet duchten (Alle, die Tod und Teufel nicht fürchten) ...


Anschließend kommt dann jeweils der Refrain mit der zweimaligen Nennung der Namen, der zum Mitsingen animiert und die Stimmung anfacht.
In YouTube ist das Lied bei zwei Gruppen auch auf Deutsch zu finden, bei den "Ärzten" (www.youtube.com/watch?v=_djkSonjUTk) und den "Streunern", dann aber eben mit Hein statt Corneel als Bartträger.



Het Namenboek von A.N.W. van der PLANK, 1979, Bussum, Niederlande, führt auch die sonst wenig genannten Formen Kreel und Krelis für Cornelis auf, aus denen sich die Patronymika Kreel, Krelissen und Korz gebildet hätten. Das Spectrum Voornamenboek von van der SCHAAR, GERRITZEN und BERNS, 4. Ausgabe 1994, weist zum Vornamen Cornelis darauf hin, dass dieser in Flandern bereits im 12. Jh. vorkommt und in Leuven/Louvain (Belgien) im 14. Jh. als Beiname oder sogar Familienname auftritt. Im 15. Jh. habe er sich vor allem im Norden der Niederlande ausgebreitet, im 16. Jh. auch in Friesland. Im 16. und 17. Jh. sei der Name von den Niederlanden auch nach England gekommen, und zwar dadurch, dass Engländer, die in den dortigen Religionswirren in den Niederlanden Glaubensfreiheit gesucht hatten, wieder nach England zurückkehrten. Auf der dänischen Insel Amager bei Kopenhagen, wo sich früher viele Niederländer niedergelassen hatten, käme der Name noch heute als Vorname Crilles und als Familienname Crillesen vor.
Dieses Voornamenboek führt noch weitere interessante Details auf. So sei der männliche Vorname Corjan ein Kombination von Cornelis und Jan und der weibliche Vorname Corleentje eine Kombination aus Cor(nelia) und Leentje. Zudem habe es in der Namensgebung auch Unterschiede zwischen Bauern und Bürgern gegeben: Bauern bevorzugten die Formen Knelis, Krelis oder Nelis, Bürger dagegen Cor oder Kees.

"Schielender Neel" und "Nickel Neelie"
Die Form Neel war offenbar schon im 16. Jh. in den Niederlanden als Kurzform oder umgangssprachliche Variante von Cornelius oder Cornelis in Gebrauch. Carel VAN MANDER behandelt in seinem 1617 erschienenen Werk Das Leben der niederländischen und deutschen Maler auch das Leben des Landschaftsmalers Cornelis Molenaer aus Antwerpen. Im Text hierzu heißt es: "Cornelis Molenaer ..., den man wegen seines Schielens gewöhnlich den schielenden Neels nannte".
In neuester Zeit wurde die Form Neelie europaweit bekannt: In der neuen EU-Kommission, die ab 1. November 2004 im Amt ist, hat Neelie Kroes, 63, ehemalige niederländische Verkehrsministerin, die wichtige Funktion der Kommissarin für Wettbewerb inne. Die "taz" vom 14./15.8.2004 zu ihrer Person: "Für den neuen Job hat sie sich mit dem Spitznamen ’Nickel Neelie’ in Anlehnung an die ’Eiserne Lady’ Margaret Thatcher empfohlen, gilt sie doch als harte Verhandlerin."

Zur Verbreitung der Vornamen Cornelius/Cornelia im Ausland mehr bei den betreffenden Ländern weiter hinten: Frankreich, Skandinavien, Irland, Großbritannien, Schweiz, Griechenland, Amerika.


Yankees sind die Jan-Kees, die Jan-Cornelius
Zu Anfang dieser Sammlung über Cornelius/Cornelissen wurde behauptet, er sei einer der interessantesten Namen, die es überhaupt gibt. Hier ein weiteres Beispiel dafür: Yankee, der Spitzname für die US-Amerikaner, soll entstanden sein aus der spöttischen Bezeichnung für die besonders in Neuengland siedelnden Niederländer. Zu den häufigsten Vornamen bei ihnen zählten Jan und Kees, wobei Kees eine noch heute in den Niederlanden übliche Rufform für Cornelius ist. Für die anderen Amerikaner waren sie etwas abschätzig die Jan und Kees oder die Jan-Kees. Schon seit 1683 ist Yankee als Spitzname für die Bewohner Neuenglands belegt. Im Sezessionskrieg (1861–1865) dehnte man den Begriff auf alle Nordstaaten aus und später - im Ausland - auf die gesamten USA.
In den Lexika heißt es allerdings in der Regel, die Herkunft sei unbekannt oder umstritten. Nach anderen Erklärungen soll Yankee abgeleitet sein aus Janke, einer Verkleinerungsform von Jan, dem häufigsten Vornamen der Niederlande, oder von der indianischen Aussprache des französischen Wortes Anglais für Engländer. Die Version mit Jan und Kees dürfte aber zu den wahrscheinlichsten zählen und wäre damit ein weiterer Beleg für die Häufigkeit des Vornamens Cornelius/Cornelis unter den Niederländern des 17. Jh.



Cornelis früher auch Frauenname
Während Cornelis in den Niederlanden die übliche Form von Cornelius ist, gilt der Name in Deutschland als "Nebenform"; so ausdrücklich Das große Vornamenlexikon von Duden, 1998. Laut dem Historischen Deutschen Vornamenbuch von Wilfried SEIBICKE (1. Bd. 1996) kann - oder genauer konnte - Cornelis sogar weiblicher wie männlicher Vorname sein. Als weibliche, historische "Variante" von Cornelia sei sie früher in Gebrauch gewesen. Belegt sei Cornelis als weibliche Form 1532 für die Frau des Richters von Xanten, dann in Ostfriesland 1567 als Cornels, 1658 als Cornelis, 1582 als Cornelys. In Ostfriesland sei für Cornelis auch Cornellje gebraucht worden.

Cornelis als männlicher Vorname ist laut Historischem Deutschen Vornamenbuch in Köln schon für die Jahre 1421, 1431 und 1517 belegt sowie 1472 für Ostfriesland und vor 1900 auf den nordfriesischen Inseln. Für das Vorkommen in neuester Zeit werden ebenfalls Belege aufgeführt. Die Schreibung mit Doppel-l sei "nicht zu empfehlen". Eine Variante von Cornelis sei Cornils.

"Cornelli wird erzogen"
Dies ist der Titel eines Buches der viel gelesenen Schweizer Jugendschriftstellerin Johanna Spyri (1827–1901). Es ist zwar nicht so bekannt geworden wie ihre beiden Heidi-Bücher, die bis heute zu den beliebtesten Jugenderzählungen der Welt gehören dürften. Noch heute ist es rührend, die Geschichte des Mädchens Cornelli zu lesen, die viele Ähnlichkeiten mit Heidis Lebensweg aufweist. Die kleine Cornelli war nach ihrer verstorbenen Mutter benannt worden, die Cornelia hieß. Cornelli ist somit offenbar eine Verkleinerungsform von Cornelia.


Nur wenige Verkürzungen auf Corneli
Es verwundert etwas in diesem Zusammenhang, dass der Name Corneli ziemlich selten ist; man begegnet ihm fast nur als Familienname. Bei Rufnamen war und ist nämlich seit Jahrhunderten die Endung auf i sehr beliebt, besonders bei Kosenamen und im Südwesten. Wie es dazu im dtv-Atlas Namenkunde von KUNZE, 1999, S. 22, heißt, wurde das Endungs-i seit dem 14. Jh. auch durch lateinische Namen gefördert, die im Deutschen auf diese Form verkürzt wurden: Zilli aus Caecilia, Bläsi aus Blasius, Brosi aus Ambrosius. Erst in neuester Zeit, vielleicht unter dem Einfluss des Englischen, trifft man bei Cornelius/Cornelia häufiger auf Formen mit i wie in Conni und Corny.

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