Das "Cornelißen Familien-Weltbuch"
Unter diesem Namen offerierte der Halbert’s Family Heritage Verlag aus Bath in Ohio, USA, das Weltbuch in einem Schreiben von November 1992, adressiert an "Familie Barbara Cornelißen". Ein hochqualifiziertes Computersystem habe es dem Verlag ermöglicht, so hieß es darin, über 170 Millionen Unterlagen in einer Reihe von Ländern wissenschaftlich zu bearbeiten. Man habe weltweit ein ausführliches Register von Familien zusammengestellt, die den Nachnamen Cornelißen führten. Dieses internationale Register der Familie Cornelißen 1992 sei ein besonderer Teil dieses Buches. Jede Ausfertigung des Buches werde nur auf Bestellung gedruckt und sei mit einer Registriernummer versehen. Offenbar fertigte der Verlag ähnliche Weltbücher für viele andere Familiennamen an.

Um zu erfahren, was der Verlag bei einer solch großartigen Ankündigung zu bieten hatte, bestellte auch der Verfasser das Cornelißen Familien-Weltbuch zum Preis von 89,- DM. Als dann das Buch im März 1993 eintraf, war das, was zum Namen Cornelissen geboten wurde, noch weit dürftiger, als ohnehin bei einem solch großsprecherischen Prospekt zu erahnen war. Allerdings waren die einzelnen Ankündigungen eingehalten worden, wenn man die etwas bombastische Ausdrucksweise auf ihren Kern reduzierte. Das Weltbuch bringt - abgesehen von allgemeinen Ausführungen über deutsche Geschichte, den Ursprung der Familiennamen sowie Heraldik und Ahnenforschung, die anscheinend für alle Familien-Weltbücher in Deutschland gleichlautend sind - bezüglich des Namens Cornelissen lediglich Anschriften von Haushalten dieses Namens in zehn Ländern, davon in sechs europäischen.

In Deutschland 336 Cornelissen-Haushalte
Belgien und die Niederlande, also die Länder mit den meisten Cornelissen, sind jedoch überhaupt nicht aufgeführt. In Deutschland sind noch nicht die neuen Bundesländer berücksichtigt. Bei den aufgeführten zehn Ländern gab es folgende Anzahl von Haushalten namens Cornelissen: Deutschland 336, USA 94, Australien 54, Kanada 36, Großbritannien 14, Neuseeland 13, Irland 1, Österreich 1, Schweiz 1, Nordirland 0.
Alle Cornelissen sind mit ss geschrieben, obwohl im Prospekt die Schreibweise mit ß verwendet wurde. Wie eine Rückfrage beim Verlag ergab, differenziert das Verzeichnis nicht zwischen beiden Schreibweisen des s-Lautes.
Für Deutschland sind, wie Stichproben ergaben, für die einzelnen Orte meist weniger Haushaltungen mit Namen Cornelissen aufgeführt, als Personen unter diesem Namen im Telefonbuch 1992/3 verzeichnet waren (dabei ebenfalls die Schreibweisen ss und ß zusammengefasst). Anscheinend wertete das Weltbuch älterere Telefonbücher aus, als es noch weniger Anschlüsse gab.


Cornelissen-Familienbuch II
10 Jahre später, Ende 2002, erhielt die Frau des Verfassers, Barbara Cornelissen, wieder per Post ein Angebot für ein Cornelissen-Familienbuch, diesmal DIE CHRONIK DES CORNELISSEN-GESCHLECHTS bezeichnet (Im Hintergrund derselbe Verlag?). Die Ankündigung war ähnlich großsprecherisch wie damals die des amerikanischen Verlages und kehrte in geradezu misstrauisch machender Weise Seriösität und Wissenschaftlichkeit hervor. Als Absender zeichnete "Wilhelm P Von der Aa, Genealoge, Steinadler Verlag".

Obwohl der Verfasser von dem neuen Familienbuch schon wegen der übertriebenen Art der Ankündigung nichts Besseres erwartete als vom ersten, ließ er es sich von seiner Frau zu Weihnachten 2002 schenken (Preis trotz einer Ermäßigung von 35 % immerhin 49,95 Euro); konnte er es sich doch nicht erlauben, das Buch nicht zu kennen, wenn er an einer Veröffentlichung über Cornelissen arbeitete.

Der Inhalt war dann auch wie erwartet. Mehr als die Hälfte des Pakets bestand aus allgemeinen Ausführungen über Namens- und Wappenkunde. Ein Herausgeber, Verfasser oder sonstwie ein Verantwortlicher nach deutschem Presserecht war nicht angegeben. Der Text stammte aber offensichtlich von einem Niederländer, wahrscheinlich vom Unterzeichner des Angebots.

500 Namensträger zwischen 1616 und 1882
Der zweite Teil der eigentlichen Chronik Cornelissen, S. 1 bis 25, unter dem Titel GENEALOGISCHE UNTERLAGEN geht auf Vorkommen des Namens Cornelissen ein und ist durchaus von Interesse. Alphabethisch geordnet nach dem Ort ihrer Geburt oder Taufe sind etwa 500 Personen mit Geburts- oder Taufdatum aufgeführt, die entweder selbst Cornelissen heißen oder einer der beiden Elternteile.
Beispiel:
Heinrich Caspar Goebbels, Sohn von Hubert Joseph Goebbels und Cornelissen, geboren in Aachen Stadt, Rheinland am Donnertag 26 August 1830
In einigen Fällen ist stattdessen Heiratsort und -datum mit Namen des Ehepartners angegeben.
Beispiel:
Herman Boeker verheiratet mit Cornelissen in Bausenhagen, Westfalen am Dienstag 2 Januar 1849
Leider wird zu dieser Datensammlung nichts Näheres angegeben, weder die Quelle noch der örtliche oder zeitliche Bereich. Wenn auch somit eine Überprüfung nicht möglich ist, dürfte an der grundsätzlichen Richtigkeit der Angaben kaum zu zweifeln sein. Wie Von der Aa in seinem Angebotsschreiben erklärt, habe er "ausschließlich anerkannte Quellen genutzt, darunter das weltberühmte Mormonenarchiv in Salt Lake City". Die große Frage ist vielmehr, nach welchen Kriterien die Aufstellung erfolgt ist. Die früheste angeführte Jahreszahl ist 1616, die späteste 1882. Möglicherweise handelt es sich um die Auswertung der Passagierlisten von niederländischen Auswandererschiffen. Der Schreiber oder spätere Bearbeiter war, nach den Orts- und Sprachkenntnissen zu urteilen, offensichtlich kein Deutscher. Die Orte sind in der Regel nach der Schreibweise und politischen Zugehörigkeit von vor 1900 aufgeführt.

Jedenfalls liefert die Darstellung eine Vielzahl von Erwähnungen des Namens Cornelissen aus der Zeit vor 1900, vor allem für das Rheinland und Westfalen, zum Teil auch für die Pfalz und Schlesien. Eine weitere Frage ist, welche Schreibweisen von Cornelissen berücksichtigt worden sind. Der unbekannte Bearbeiter der Auflistung schreibt selbst in der Einleitung, "die Namensänderungen/Verballhornungen seien vom geübten Genealogen in die heutige Schreibweise umgewandelt" worden, "meistens sei auch eine sogenannte Rechtschreibkorrektur angewendet" worden. Daraus ist zu schließen, dass bei der Schreibung eine breite Palette akzeptiert wurde, unabhängig auch von der Schreibung des s-Lauts. Anders als die vollmundige Ankündigung angibt, erzählt die so genannte Chronik Cornelissen aber nicht "die geschichtliche Entwicklung des Gechlechts Cornelissen"; es handelt sich vielmehr um eine Datensammlung, die einen kleinen Ausschnitt von dem bringt, was über den Namen Cornelissen zu sagen ist.

Aus den Angaben geht hervor, dass es sich häufig um Geschwister und Schwäger handelt. Was die Verbreitung betrifft, so liegt danach erwartungsgemäß das größte Vorkommen des Namens Cornelissen zur holländischen Grenze hin. Aber auch weiter östlich in Westfalen, insbesondere im Ruhrgebiet ist der Name nicht selten. Für das Ruhrgebiet und auch für Schlesien lässt sich das Vorkommen vielleicht durch die damals aufkommende Industrie, vor allem den Bergbau erklären, der Arbeit Suchende von überall her anlockte. Auf diese Weise kam auch der Großvater des Verfassers von Straelen an der holländischen Grenze ins Ruhrgebiet. Warum Cornelissen auch in der Pfalz zu finden sind, was auch im folgenden Kapitel über das Mormonen-Archiv aufgezeigt wird, bleibt noch zu untersuchen.

Anhang mit Fragezeichen
Den Abschluss der Chronik der Cornelissen-Geschlechts bildet ein "Anhang". Darin sind ohne jegliche Erklärung die Anschriften von 25 Cornelissen angegeben, aufgeteilt nach Landsmannschaften: 18 aus dem Rheinland, fünf aus Westfalen und je eine aus Baden-Württemberg und Bayern. Als Letzte steht dort auch die Frau des Verfassers, Barbara Cornelissen aus Unna. Dies lässt die Vermutung aufkommen, dass es sich im Anhang schlichtweg um die Cornelissen handelt, die die Chronik bestellt haben.


(K)ein Wappen für Cornelissen
Entsprechend den Ankündigungen ("Während meiner Nachforschungen bin ich auf ein prächtiges Familienwappen Cornelissen gestoßen.") lag dem Paket auch die Abbildung eines Wappens bei: Ein Schild mit großem Winkel, einem so genannten Sparren, in den beiden Oberecken und im Fuß jeweils der Kopf eines Greifvogels, darüber ein Helm mit weit ausladender Helmdecke und darüber als Helmzier ein Weinstock. Außer Weinstock und Helm alles in Rot. Laut den Angaben in der Chronik ist in der Heraldik der Adler das Symbol für "Macht und Herrschaft, Sonnentier"; falls es sich um einen Greif handelt, so sei dieser das Symbol für "Scharfsinn und Umsicht"; der Weinstock stehe für "Gemütlichkeit und Fröhlichkeit", die Weintraube für "Weinbau".
Eine Beziehung zu Papst Cornelius, auf den der Name doch zurückgeht, ist nicht zu erkennen. Oder sollen etwa die Vogelköpfe an das berühmte "Kornelius-Horn" in Kornelimünster erinnern, das eine Klaue des sagenhaften Vogels Greif sein soll? Und was hat der Weinstock mit Cornelius zu tun?

Wie ein Wappen für Cornelius/Cornelissen aussehen könnte, ist weiter hinten im Kapitel "Wappen im Wappenbilderlexikon" behandelt.

160 Corny-Riegel zum Geburtstag
Nils Cornelissen in Unna-Mühlhausen wurde von einem Teil seiner Schulkameraden "Corny" - als Kurzform von Cornelissen - gerufen. Er selbst verwendet Corny als sein Codewort für Computerprogramme oder andere Ausarbeitungen. Und dies auch schon, bevor die Corny-Riegel bekannt wurden.
Als er 1989 seinen 16. Geburtstag feierte, schenkten ihm seine Klassenkameraden 160 Corny-Riegel, aufgeklebt auf einer Tafel. Sie formten eine große 16 und den Rahmen rundherum.
Der große Bekanntheitsgrad der Corny-Riegel scheint immer mehr Menschen zu verleiten, statt des langen Namens Cornelissen einfach Corny zu sagen. Auch Lehrerin Barbara Cornelissen, Nils Mutter, muss in der Gesamtschule Dortmund-Brackel feststellen, dass sie immer häufiger von Schülern einfach mit "Frau Corny" angeredet wird. Untereinander scheinen die Schüler sie ohnehin "die Corny" zu nennen.

Aber Vorsicht, corny bedeutet im Englischen laut Pons, Ausgabe 1995, "blöd, kitschig". Im Oxford Pocket School Thesaurus (Taschen-Synonymwörterbuch für Schulen), 2007, ist zu corny zu lesen: "corny jokes, hackneyed, banal, stereotypical, stale, feeble, tired". Alles wenig schmeichelhafte Bedeutungen (vgl. Kästchen "Corny ist Müsli in Bestform" und "Was ist Kornelle").


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