Cornelia von Cornelius! ?
Über die Namensherkunft kann man in manchen Fällen streiten. Bei Cornelius/Cornelia gibt es hierfür ein besonders weites Feld: Zwar geht der männliche Vorname Cornelius im Ursprung fast immer auf Papst Cornelius (251–253) zurück. Was aber ist mit Cornelia?
Grundsätzlich kommen hier vier Möglichkeiten in Betracht:
    1. weibliche Form des Namens Cornelius,
    2. abgeleitet direkt aus der Antike,
    3. Bedeutung : "Stark wie ein Horn",
    4. benannt nach einer heiligen Cornelia.

Für die meisten Nachschlagewerke über Vornamen - wenn sie sich überhaupt mit der Frage beschäftigen - ist Cornelia schlichtweg die weibliche Form des Vornamens Cornelius (so z. B. Vornamen-Lexikon von Dr. WEITERSHAUS, Das große Vornamenlexikon von Duden, beide 1998, Die schönsten Vornamen von VOORGANG, 1994), wie überhaupt häufig von männlichen Vornamen eine weibliche Form gebildet wurde. Laut The Oxford Dictionary of English Christian Names, 3. Ausgabe 1993, wurde es schon im späten Mittelalter in Frankreich, aber auch in England üblich, männliche, auf Heilige zurückgehende Vornamen auch für weibliche Personen zu verwenden. Dazu wurde meist die lateinische Endung a verwendet.
Für diejenigen Cornelias, die katholisch sind und ihren Namenstag am 16. September feiern, dem Festtag des hl. Papst Cornelius, ist die Herkunft eindeutig. Aber für die anderen?

Auf eine spezielle Variante weist KUNZE (dtv-Atlas Namenkunde, 1999) hin. Auch er geht davon aus, dass vor allem seit dem 17. Jh. viele neue Frauennamen durch Ableitung von Männernamen gebildet wurden. Dies sei jedoch vor allem in protestantischen Gegenden der Fall gewesen, wo sie in der ersten Hälfte des 18. Jh. einen enormen Anteil der Frauennamen ausgemacht hätten. Diese Mode habe sich in Deutschland vor allem deswegen ausgebreitet, weil auf diese Weise Mädchen nach ihrem Patenonkel benannt werden konnten. Er führt u. a. Cornelia als eines der Beispiele für neue Fremdnamen auf, die bereits im 16. Jh. eingeströmt seien.

Vom verbreiteten Frauennamen im alten Rom
In mehreren Vornamebüchern, insbesondere in Großbritannien und Skandinavien, wird zur Herkunft von Cornelia auf lateinisch cornu = Horn und auf das Geschlecht der Cornelier im alten Rom, insbesondere dessen berühmte Vertreterin Cornelia, Mutter der Gracchen, hingewiesen. Das Historische Deutsche Vornamenbuch von Wilfried SEIBICKE, 1996, zitiert hierzu, allerdings ohne selbst Stellung zu beziehen, Das große Vornamenbuch von L. MACKENSEN, wo es heißt
"nicht die durch mehrere Gedenktage geehrten Märtyrer, sondern die Mutter der Gracchen (2. Jh. v. Chr.) hat durch ihre beispielhafte edle Gesinnung den Vornamen seit der Renaissance bei uns eingebürgert, zuerst in Gelehrtenhäusern, dann in fürstlichen, schließlich auch in Bürgerkreisen".
Auch einzelne andere Vornamenbücher weisen darauf hin, dass Cornelia seit der Zeit der Renaissance, also seit dem 16. Jh. in Deutschland gebräuchlich sei. Bei der damaligen Hinwendung zur Antike ist dies eine starke Stütze für die These, dass man damals bei der Wahl von Cornelia weniger an Papst Cornelius, sondern an Frauen im alten Rom dachte.

Einige Vornamenbücher legen dem Namen Cornelia - ebenso wie Cornelius - die Bedeutung bei: "Stark wie ein Horn". Sicherlich steckt in dem Namen das lateinische Wort cornu = Horn. Der Verfasser hat aber bisher keinerlei Beleg dafür gefunden, dass in der Vergangenheit eine solche Deutung der Wahl dieses Namens zugrunde gelegt wurde. Zwar wurde der Geschlechtername Cornelius - wie im vorstehenden Kapitel "Traditionsreiche Vornamen: Cornelius/Cornelia" schon dargelegt - mit Erklärungen wie der Horn-Feste, der Dauernde, der Starke unterlegt. Es sind aber alles nur Vermutungen. Im Ergebnis ist es eine schöne (etwas willkürliche) Deutung für alle, die ihren Vornamen nicht mit einem Heiligen oder einer antiken Person in Verbindung bringen möchten (vgl. Kapitel: "Zwei Dutzend Cornelius heilig gesprochen").

Von einer heiligen Cornelia?
Nur selten, wenn überhaupt, dürfte sich Cornelia auf eine heilige Cornelia beziehen, von der es laut Heiligen-Lexikon von STADLER/HEIM aus dem Jahre 1858 gleich drei gibt (s. Kapitel "Zwei Dutzend Cornelius heilig gesprochen"). Diese sind nie populär geworden. Es käme hier die frühchristliche Jungfrau und Märtyrerin Cornelia in Betracht, deren Gedenktag seit jeher am 31. März begangen wird. Aber auch von ihrer Verehrung ist praktisch nichts bekannt. Für manche Frau heute, vor allem wenn sie nicht katholisch ist, mag es aber akzeptabler sein, wenn sie ihren Vornamen nicht auf einen Papst zurückführen muss.
Historisch gesehen dürften jedenfalls nur zwei Alternativen ernsthaft für die Namensgebung in Frage kommen: Direkt oder indirekt von (Papst) Cornelius oder aber von der heidnischen Cornelia, der Mutter der Gracchen. Das 1998 erschienene umfangreiche Werk Heilige und Namenspatrone im Jahresablauf von SCHAUBER/SCHINDLER führt vermutlich deswegen - insoweit auch folgerichtig - überhaupt keine heilige Cornelia/Kornelia auf.

Hier liegt noch ein Betätigungsfeld für Hobbyforscher: Unter welchem Bezug erhielten die vielen Cornelias der vergangenen fünf Jahrhunderte ihren Namen? Der Verfasser ist für Hinweise/Fundstellen dankbar.

Corneliastraße in Bad Wimpfen - zu Recht?
In Bad Wimpfen am Neckar, im Ortsteil Bad Wimpfen im Tal, heißt die viel befahrene Ortsdurchfahrt Corneliastraße. Warum?
Anders als man vielleicht meinen möchte, ist sie weder nach einer heiligen Corneia noch sonst einer bekannten Frau dieses Namens benannt worden, zumindest nicht direkt. Sie hat aber - möglicherweise - etwas mit dem berühmten römischen Geschlecht der Cornelier zu tun. Das heutige Wimpfen im Tal steht auf den Resten einer römischen Ansiedlung. Diese soll den Namen Cornelia getragen haben - vermutlich nach ihrem Gründer. Erst im Jahre 905 wurde sie von den Hunnen zerstört, vielleicht aber schon einige Jahrhunderte früher durch die Alemannen. Zur Erinnerung an diese römische Stadt bekam die Straße ihren Namen. Allerdings ist der Name Cornelia für die Stadt sehr umstritten, ebenso wie die Namensherkunft der gotischen Cornelienkirche am südlichen Ortsausgang von Wimpfen im Tal.
Wimpfen schmückte sich jedenfalls in der Vergangenheit gern mit dem römischen Namen Cornelia. Im Museum der Stadt sind zwei historische Stadtansichten zu bewundern (und auch zu kaufen), auf denen sich Wimpfen auch als Cornelia bezeichnet. Die eine, ein Aquarell von K. Schott aus dem Jahre 1896, die aber nach einem Stich von 1647 angefertigt ist, gibt auf einem Schriftband als Namen an:
WIMPFFEN - CORNELIA.
Die andere ist ein Kupferstich von Johann Christian Leopold aus dem Jahre 1730, bei der das Schriftband den Stadtnamen in umgekehrter Reihenfolge ausweist:
CORNELIA - WIMPFFEN.


Schriftband auf einer Stadtansicht von Bad Wimpfen, gemalt 1896 von K. Schott nach einem Stich von 1647.



Viele "Kosenamen"
Nicht nur für Cornelius, auch für Cornelia gab und gibt es eine Anzahl "Kosenamen" oder Kurzformen, im Übrigen ein weiterer Beleg für die Häufigkeit des Namens. Das weniger Schöne an den Kurzformen ist, dass sich ihre Herkunft nicht immer eindeutig bestimmen lässt. Wie verschiedene Vornamenbücher ausführen, ist Nelia nicht nur eine Kurzform von Cornelia, sondern davon auch wieder die Kurzform Lia. Im großen Vornamenlexikon von Duden, 1998, heißt es, Nelia sei eine Kurzform von Cornelia, während Nele/Neele, Nela/Nella, Nelleke und Nelli/Nelly sowohl auf Cornelia wie Petronella wie auch noch andere Namen wie Helene oder Eleonore zurückgehen könnten. So kann der im Niederländischen häufige Vorname Nele/Neile von Daneel (= Daniel) kommen. In Wikipedia (deutsch) vom 3.9.2009 heißt es dazu kurz und knapp: "Nele ist die Kurzform des weiblichen Vornamens Cornelia". Die Kurzform dürfte jetzt auch in Deutschland, wo sie bisher weniger verbreitet war, stärker bekannt werden: Der vierte Roman des seit Ende der 1980er Jahre in Köln lebenden dänischen Erfolgsautoren Michel BIRBAEK trägt nämlich den Titel Nele und Paul (erschienen Anfang 2009).
Im Übrigen hat auch die in Berlin als Kind jüdischer Eltern geborene und aufgewachsene Schriftstellerin Nelly Sachs (1926-1973) nichts mit Cornelius/Cornelia zu schaffen; ihr eigentlicher Vorname war Leonie.

Auch die englischen Vornamen Corrie und die männliche Form Correl sollen von Cornelia bzw. Cornelius abgeleitet sein. Laut WEITERSHAUS (Großes Vornamen-Lexikon, 1988) gibt es für Cornelia folgende Kurzformen: "Connie, Conny, Cornell, Lia, Nelia, Nellie, Nelly, Nella, Nelske, englisch auch Cornela, Cornelle, Corrie, Corry, französisch Cornélie". Unter den Stichworten Cornell und Corny heißt es dort weiterhin, dies seien englische Kurzformen von Cornelia. Der Verfasser konnte darüber hinaus in den Niederlanden auf Grabsteinen die Formen Corneliske und Kornelisje entdecken. Laut VASSEUR (Goldmanns großes Vornamenbuch, 1993) gibt es im Deutschen zu Cornelia die "Koseformen" Corrie, Nelli und Nahl, im Englischen die Form Corry (dies könne aber auch eine Form von Cordelia oder Cordula sein). Den Vornamen Cornelia gebe es im Übrigen auch im Englischen, Dänischen, Schwedischen, Niederländischen, Italienischen und Spanischen.

Romanschriftstellerin Nelia Gardner White
Der Vorname Nelia gehört zwar nicht zu den häufigsten Kurzformen für Cornelia, er dürfte aber in den USA und vielen anderen Ländern geläufig sein. Dies dank der amerikanischen Schriftstellerin Nelia Gardner White (Gardner ist der 2. Vorname). Sie wurde 1894 als Tochter eines methodistischen Pfarrers in Pennsylvania geboren und veröffentlichte bis zu ihrem Tod im Jahre 1957 über 27 Romane, dazu kamen noch zahlreiche Fortsetzungsgeschichten in Zeitschriften. Mehrere ihrer Romane wurden in andere Sprachen übersetzt. Ihr meistverkaufter Roman war No trumpet before Him, für den sie 1947 den Westminster Press Award erhielt. Er war bereits 1960 in deutscher Übersetzung auf dem Markt (Titel: Der Sturm ist vorüber) und erreichte mindestens sieben Auflagen in Deutsch). Ein weiterer ins Deutsche übersetzter Roman von ihr war 1966 Das Haus der Dickinsons (Originaltitel The Pink House).

Grabstein in den Niederlanden auf dem Friedhof von Harich am Ijsselmeer für Corneliske Hielkema, geb. 1941, gest. 1978 (Foto 12.10.1993). "Hier rust mijne lieve dochter Kornelisje U. Hiemstra" (1872–1919) lautet die Inschrift auf einem anderen Grabstein des Friedhofs von Harich (Foto 12.10.1993). Auf weiteren Gräbern dort sind die Namen Cornelia und mehrfach Cornelis zu finden.

Als Zweitform: Corny ist Müsli in Bestform
Im Werbefernsehen sah man sie häufig: die "Corny Müsli-Riegel" von Schwartau (Slogan: "Corny ist Müsli in Bestform"), seit Jahren gibt es sie in nahezu jedem Lebensmittelgeschäft. Anscheinend hat der Markenname damit zu tun, dass Müslis viel Korn, also viele Getreidekörner enthalten. Nach Angaben des Herstellers bestehen die Corny-Riegel, von denen es inzwischen eine Anzahl Varietäten gibt, vor allem aus gerösteten Hafer- und Weizenflocken. Heute – 2013 – hat sich die Produktpalette der Corny’s noch erheblich verbreitert. So gibt es nunmehr auch "Corny – nussvoll", ein Erzeugnis im Wesentlichen aus Erdnüssen und Schokolade, also ohne Korn.
Beim Vertrieb der Riegel unter dem Namen Corny in den USA (dort corn = Mais) ist jedoch Vorsicht angezeigt. Dort hat nämlich corny die Bedeutung von blöd, kitschig (vgl. Kapitel "Korn im Englischen").
Es verwundert daher nicht, dass es in Dänemark einen Vollkornkeks mit dem Markennamen Corny gibt, hergestellt in Hjürring auf Jütland von der Firma Oxford Biscuits A/S. Auch dieser Keks hat offenbar mit "Korn" und nichts mit "kitschig" zu tun, denn die ohnehin aufwendige Verpackung trägt einen roten, mit einer Königskrone geschmückten Aufkleber, auf dem es heißt: "Leverandoer til Det Kongelige Danske Hof" (= Königlich dänischer Hoflieferant). Daneben trägt ein bekanntes "norsk knekkebroed" (= norwegisches Knäckebrot) den Markennamen "Korni".

Corni in Learning English
Corni (gleich ausgesprochen, aber hier mit i geschrieben) begegnet uns noch anderswo. In dem Schülerheft Unit Plans zu dem bekannten Lehrbuch Learning English vom Klett-Verlag, Ausgabe 1993, findet sich ein ganzseitiges Arbeitsblatt betitelt Shopping. Dort ist die nachstehende Zeichnung wiedergegeben:

Die Schüler haben dazu den Namen des einzelnen Produkts, dessen allgemeine Bezeichnung und das Herkunftsland auf dem Arbeitsblatt einzutragen.
Mit Corni sind hier offenbar Cornflakes, also Haferflocken gemeint. Allerdings sind es wörtlich übersetzt keine Flocken von Hafer (englisch: oats), sondern von Corn = Mais. Mit dem Wort Corn/Korn wird traditionell die Hauptgetreideart eines Landes bezeichnet. Das ist in den USA, woher die Cornflakes ursprünglich stammen sollen, der Mais. In Deutschland verstand man in der Vergangenheit unter Korn meist Roggen, weil dieser früher hier die größte Verbreitung hatte. Dabei gibt es in Deutschland das Korn, nämlich das Getreidekorn, und den Korn, nämlich den Kornbranntwein, Deutschlands traditionelle Spirituose. Dem Wortspiel "Der und das Korn" und den verschiedenen Redewendungen hiermit hat der Verfasser im Handbuch für die Brennerei- und Alkoholwirtschaft, Jahrgang 1995, einen ganzen Artikel gewidmet.
In seiner Familie, bei den Cornelissen in Unna, ist Corny sogar zu einer Art Kurz- oder Nachname geworden (vgl. Kästchen "160 Corny-Riegel zum Geburtstag").
Und schließlich ist Corny/Cornie die in englischsprachigen Ländern übliche Kurzform für den Vornamen Cornelia.
Corny Collins nennt sich eine deutsche Bühnen- und Filmschauspielerin (geb. 1933 in Berlin); ihr eigentlicher Name ist Gisela Szymanski. Sie spielte u.a. in dem Edgar Wallace-Streifen Das indische Tuch (Regie Alfred Vohrer) an der Seite von Heinz Drache. Ihr letzter Spielfilm war 1989 Reise ohne Wiederkehr.
Zu erforschen wäre noch, warum eine Stadt in Frankreich südlich von Metz Corny heißt.


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