Nach dem Studium in seiner Heimatstadt und dem anschließenden Aufenthalt in Paris hätte Agrippa Möglichkeiten zu einem etablierten Leben als Theologe oder Militärführer, Jurist oder Arzt gehabt, denn auf all diesen Gebieten erfuhr er Anerkennung: Er wurde in den Adelsstand erhoben wegen seiner Verdienste im Feldzug gegen Venedig, war Beauftragter Kaiser Maximilians für das Bergwerkswesen, nahm - von Papt Leo X. belobigt - am Konzil von Pisa teil, fungierte als Syndikus der freien Reichsstadt Metz, als Hofhistoriograph in den Niederlanden und als Leibarzt der französischen Königinmutter in Lyon. Doch keiner dieser gesellschaftlichen Stellungen vermochte Agrippa unterzuordnen, was ihm als höchstes Gut erschien: faustisches Wahrheitsstreben. ....Das Weib "die allervortrefflichste unter allen Kreaturen"
Um 1510 verfaßte Agrippa sein Werk "De occulta philosophia", in dem er die zeitgenössischen Erkenntnisse über die Magie systematisch zusammenfaßte. ....
Mochten ihn die Theologen auch zum Teufelsbündner stempeln, so war Agrippa als Kind seiner Zeit doch ein religiöser Mensch. Zeugnis davon legt sein Buch "De incertitudine et vanitate scientiarum et artium atque excellentia verbi dei" (= Über die Unsicherheit und Eitelkeit der Wissenschaften und Künste sowie die Vorzüglichkeit des Gotteswortes) ab, ein zeitgenössischer Bestseller, der innerhalb von fünf Jahren über zehn Auflagen erlebte. Wenn diese Schrift noch im Druckjahr 1530 durch den Henker von Paris den Flammen übergeben wurde, dann sicher nicht nur wegen der ätzenden Kritik an religiösen Institutionen, sondern wegen seiner Kampfansage an jegliche Dogmatik".
"Da nun das Weib zum letzten unter allen Kreaturen gebildet wurde, und das Ende und die Vollendung aller Geschöpfe Gottes, ja die Volkommenheit der ganzen Welt ist, wer kann nun leugnen, daß sie nicht die allervortrefflichste unter allen Kreaturen sei."Diese Bewertung untermauerte er mit der Schrift: De nobilitate et praecellentia feminei sexus (= Über den Adel und die Vortrefflichkeit des weiblichen Geschlechts). In einer 80-seitigen deutschen Fassung aus dem Jahre 1780 - sie kann in der Berliner Staatsbibliothek eingesehen werden - lautet der Titel: Der Vorzug des weiblichen Geschlechts vor dem männlichen zur Ehre des ersteren. Nicht nur diese Übersetzung fast 250 Jahre nach Cornelius Tod lässt vermuten, dass dieses Traktat damals die Gemüter beschäftigte. Schon 1636 erschien von einem Corneliß Putzer (ein weiterer Beleg für die frühe Verwendung des Vornamens Cornelius in Deutschland!) eine Schrift mit dem Untertitel:
Worinen wegen deß Weiberlob Sprüchbüchleins des Corneli Agrippa mit gar unmässiger beredsamkeit das Frawenvolck gerühmet und Disputiret wird.(Mehr über ihn in Wikipedia unter "Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim")
Man kann nur Vermutungen anstellen. Vielleicht wurde Barlach zu dieser Darstellung angeregt, als er im Juli/August 1912 in Noordwijk an der holländischen Küste im Hause der Schauspielerin Tilla Durieux (1880–1971) und ihres Mannes weilte, dem jüdischen Verleger und Kunstmäzen Paul Cassirer (1871–1926). In den Niederlanden ist der Name Cornelius häufig (meist aber in der Form Cornelis und mit C geschrieben). Möglicherweise ist es kein Zufall, dass die Plastik heute an einer Stelle im "kleinen Atelier" steht, wo im Fenster blaue Farbbilder zu sehen sind, anscheinend niederländischen Ursprungs. Vielleicht steht "Kapitän Kornelius" auch in irgendeinem Zusammenhang mit Barlachs unvollendetem autobiographischen Roman Der Seespeck, mit dessen Niederschrift er 1913 begann. Zu sehen ist heute (Anfang 2010) die Cornelius-Skulptur im Internet unter www.ernst-barlach.com/barlach-pl-201-kapitaen-kornelius.html, und zwar als "Gips"-Figur und in zwei Ansichten als Bronze-Figur. Wo sich die beiden Skulpturen befinden, wird nicht angegeben. |