Pfarrkirche St. Cornelius in Inden-Lamersdorf
Lange Tradition und reiches Brauchtum
Etwa 20 km nordwestlich von Aachen, nur etwa 2 km nördlich des mächtigen Braunkohlekraftwerkes in Weisweiler, Kreis Düren, liegt Lamersdorf, heute Ortsteil von Inden. Die katholische Pfarrkirche St. Cornelius inmmitten des Ortes stammt aus dem 15. Jahrh. Das Kollationsrecht besaß im 15. Jahrh. der Landesherr, seit Anfang des 16. Jahrh. das Paradieskloster in Düren. Der spätgotische Bruchsteinbau wurde 1890/94 durchgreifend restauriert. Nach erheblicher Beschädigung im Zweiten Weltkrieg, vor allem am 16. November 1944, wurden bis 1952 Gewölbe und Fenstermaßwerk erneuert. Eine weitere Restaurierung erfolgte 1990.




Die Lamersdorfer Kirche aus dem 15. Jahrh. Die Darstellung des Heiligen stammt von einem der Glasfenster aus der Zeit um 1530.





Ein kleiner Schrein mit den Reliquien
Im Innern befinden sich u. a. eine Kanzel aus dem frühen 16. Jahrh. sowie mehrere Statuen aus der Erbauungszeit der Kirche. Die braune Holzfigur des Pfarrpatrons auf einer Konsole an der rechten Kirchenwand scheint allerdings aus neuerer Zeit zu stammen. Der Heilige, mit Tiara, Papststab und Kreuz auf der Brust dargestellt, hält dem Betrachter mit der Rechten das Horn entgegen. Vielleicht handelt es sich aber auch um die in den Kunstdenkmälern des Kreises Düren, 1910, aufgeführte, etwa 80 cm hohe Standfigur des Heiligen, die vom ehemaligen Rokokohochalter aus dem 18. Jahrh. stammt. Das gleiche Werk gibt auch ein Mittelfenster im südlichen Seitenschiff aus der Zeit um 1530 wieder, auf dem links Papst Cornelius, rechts die heilige Katharina dargestellt sind. Eine der mittelalterlichen Glocken trägt die Inschrift:
ANNO DOMINI MCCCC, II. SEPTEMBRIS,
SANCTE CORNELI TUIS FAMULIS DONA SALUTEM.
(= Im Jahre des Herrn 1400, 2. September, heiliger Cornelius, gib deinen Dienern das Heil)

Die Reliquien des hl. Cornelius werden in einem kleinen Kästchen oder Schrein mit Glaswänden aufbewahrt. In der Oktav des Heiligen im September hält der Priester nach jeder Messe diesen Schrein in der Hand, die Gläubigen kommen vorbei und legen die Hand auf die Oberseite. Früher, noch vor einigen Jahrzehnten, küssten sie den Schrein.

Seit 1790 "auf ewige Zeiten" vollkommener Ablass
In einem 1964 gedruckten Heftchen des Pfarramtes Lamersdorf mit dem Titel Das Fest des hl. Papstes und Martyrers Cornelius, laut Angabe auf der Titelseite von 1856 stammend, werden die besonderen Gebete, Gesänge, eine Litanei und eine Andacht zu Ehren des hl. Cornelius wie auch ein Ablassgebet wiedergegeben. Zu diesem Ablassgebet heißt es eingangs des Heftchens:
Seine Heiligkeit, Papst Pius VI., glorreichen Angedenkens, haben mittels Breve vom 22. Mai 1790 auf ewige Zeiten allen Christgläubigen, welche nach würdigem Empfange der hl. Sakramente der Buße und des Altares die Pfarrkirche zu Lamersdorf besuchen und allda für die Einigkeit der christlichen Fürsten, für Ausrottung der Irrlehre und für die Erhöhung unserer Mutter, der hl. Kirche, fromme Gebete zu Gott senden, einen vollkommenen Ablaß verliehen, welcher zu gewinnen ist:
1. an einem beliebigen Tag der Cornelius-Oktav und
2. am Feste der Himmelfahrt der allerseligsten Jungfrau Maria.

"So ward es abgeschlagen, das höchste Haupt der Welt"
Aus dem Heftchen Das Fest des hl. Papstes und Martyrers Cornelius, herausgeben vom Pfarramt Lamersdorf, 1856/1964, nachstehend die ersten fünf von neun Strophen eines Festgesangs:

Festgesang zum hl. Cornelius

1. Du Hirt der Gottesherde,
Du helles Kirchenlicht
Blutzeug’ einst auf der Erde,
Nicht wankend in der Pflicht;
Im Tode wie im Leben
Des Heilands treuer Sohn
Hast du dein Blut gegeben,
Stehst jetzt an Gottes Thron.

2. In schlimmen Heidenzeiten
Ward dir das Amt vertraut,
Für Gottes Reich zu streiten
Als Papst für Christi Braut.
Du hast den Kampf bestanden
In Treue dich bewährt,
In Freiheit und in Banden
Das Reich des Herrn gemehrt.

3. Die Irrlehr’ schlugst du nieder
Als felsenfester Stein,
Und wahrtest treu und bieder
Des Heilands Lehre rein.
Die bösen Mächte grollten,
Die stets der Einheit taub,
Und Unkraut säen wollten,
Du warfst sie in den Staub.

4. Und als es galt bekennen
Den ew’gen Gott und Herrn,
Ja, sich vom Leben trennen,
Gingst in den Tod du gern.
Dich schreckten nicht die Ketten,
Nicht Marter, Kaisers Dräu’n;
Denn Christus wird erretten,
Er ist allein zu scheu’n.

5. So ward es abgeschlagen,
Das höchste Haupt der Welt
Die Seel’ hinaufgetragen
Zu Gottes Himmelszelt.
Die Heiden sind zertreten,
Das ew’ge Rom steht fest,
Cornelius hilf uns beten
Daß Gott nicht von ihm läßt.



Die in dem Heftchen ebenfalls aufgeführte Litanei "O du standhafter Blutzeuge" stimmt in weiten Teilen mit der von Kornelimünster überein.

In den Gebeten und Gesängen dieses Heftchens wird immer wieder auf das Märtyrertum des Heiligen abgehoben. Wie die zitierte Strophe mit dem Abschlagen des Hauptes zeigt, geht man bei der Verehrung von der Legende aus, Papst Cornelius sei der Kopf abgeschlagen worden, was wohl kaum dem wirklichen Geschehen entspricht. Noch 1993 entrüstete sich im Gespräch mit dem Verfasser ein Gemeindemitglied darüber, dass ein Pater von Kornelimünster bei der letzten Oktav in der Predigt erklärt habe, der Heilige sei gar kein Märtyrer gewesen.


Cornelius-Kapelle von 1860
Am Lamersdorfer Ortseingang an der Mittelstraße - fast verborgen zwischen Bäumen und Büschen - steht eine Backsteinkapelle, die ebenfalls dem hl. Cornelius geweiht ist. Laut der schmiedeeisernen Inschrift außen am Giebel wurde sie 1860 erbaut. Die große farbige Statue des Heiligen auf dem Altar stammt wohl aus der Zeit ihrer Entstehung. Der Heilige ist mit drei Attributen dargestellt: Mit Kreuzstab, Horn und Buch.
Über dem Altar ist auf der Wand in großen, goldenen Lettern zu lesen:
HL. CORNELIUS BITTE FÜR UNS
Jeweils am ersten Sonntag der Oktav fand früher 1/2 Stunde vor dem Hochamt eine Prozession nach dem Cornelius-Kapellchen statt, wobei die Reliquie des hl. Cornelius umhergetragen und das Lied: "Du Hirt der Gottesherde" gesungen wurde.



Altar der aus dem Jahre 1860 stammenden Cornelius-Kapelle in Lamersdorf (Foto 5.6.1993).



Schützenbruderschaft über 500 Jahre alt
Zu einer der ältesten Schützenbruderschaften im Lande dürfte wohl die "St. Cornelius Schützenbruderschaft Lamersdorf e. V. gegr. 1421" zählen. Laut Festschrift zum 550-jährigen Jubiläum der Bruderschaft im Jahre 1971 wurde sie am 23. April 1421 gegründet, und zwar von Arnold von Merode, Kanonikus in Lüttich, Rickalt und Frau Beatrix zu Merode. Anscheinend war die Bruderschaft von Anfang an dem heiligen Cornelius geweiht. Jedenfalls beginnt eine Erneuerung des Bruderschaftsbuches aus dem Jahre 1651 mit den Worten: "Unser lieben Frauen und Sankt-Cornelius-Schützenbruderschaft zu Lamersdorf". Nach den Ausführungen dort gehörten zur damaligen Zeit sowohl "Broderen und Schwestern", also Männer und Frauen, der Bruderschaft an. Wie es in der Festschrift weiter heißt, war die Cornelius-Bruderschaft immer eine Gebetsbruderschaft, "eine Vereinigung von Menschen, denen es oblag, im Dienst der Gemeinschaft durch Gebet und Tat die Nächstenliebe zu pflegen". Präses der Bruderschaft war jeweils der örtliche Pfarrer. Das Vereinsleben habe natürlich nicht nur aus Beten und sonstigen religiösen Übungen bestanden, sondern habe auch die Menschen an Schützenfesten sich zusammenfinden lassen.
Entsprechend dem religiösen Charakter der Bruderschaft schrieb der damalige Präses Anton Vanwersch im Grußwort der Festschrift:
"Wie der große Schutzpatron, der hl. Papst Cornelius, milde Bußpraxis übte und dennoch für den Primat des römischen Bischofs in die Verbannung ging und starb, so mögen auch alle Schützenbrüder bereit sein, für Christus und seine Kirche allezeit einzustehen und sich verpflichtet fühlen, den Mitmenschen brüderlichen Dienst zu leisten.
Im damaligen gemeinsamen Geleitwort des Amtsbürgermeisters und des Amtsdirektors in der Festschrift hieß es: Ursprünglich als Gebetsbruderschaft im Jahre 1421 gegründet, stand und steht die Bruderschaft heute ganz im Dienste der Nächstenliebe und der Dorfgemeinschaft."



Die 1981 geweihte Fahne der Lamersdorfer Schützenbruderschaft von 1421 (Foto 5.6.1993).



Die heutige, 1981 geweihte Fahne zeigt auf der einen Seite den Heiligen mit Heiligenschein, Tiara, Papststab und Horn, auf der anderen Seite die Pfarrkirche mit der Devise der Burderschaft: "Für Glaube, Sitte und Heimat". Daneben ist noch eine ältere Fahne vorhanden, die 1949 geweiht wurde. Sie zeigt auf der einen Seite St. Cornelius mit Heiligenschein, Tiara, Horn und die Pfarrkirche zu seinen Füßen. Auf der anderen Seite ist ein Kreuz dargestellt, an dessen Fuß sich ein Eichenzweig aus einem Baumstamm empor rankt. Neben der Devise der Bruderschaft ist dort zusätzlich auch deren Wahlspruch eingestickt: "Aus alter Wurzel neue Kraft"

In der Oktav das Cornelius-Piefke
Die Oktav des Heiligen, die auch heute noch mit Gottesdiensten, Kirmes und Veranstaltungen der Schützenbruderschaft gefeiert wird, war vor wenigen Jahrzehnten, vor allem in den 1950er Jahren noch weit populärer. Damals kamen auch die Verwandten der Lamersdorfer Bürger von auswärts, es wurde mit ihnen schon gemeinsam gefrühstückt. Laut Prof. Zenders Werk über die mittelalterliche Heiligenverehrung kamen Pilger aus Lucherberg bei Düren, aus Altdorf, Inden und Langendorf bei Jülich und aus Weisweiler, um Cornelius insbesondere bei Fallsucht und Krämpfen anzurufen.
Eine Besonderheit war das Cornelius-Piefke (Cornelius-Pfeifchen), das in der Oktav verkauft wurde. Es sah aus wie die weißen Nikolaus-Pfeifen aus Ton beim "Stutenkerl" zum Nikolausfest. Bei den Cornelius-Piefgen stand aber auf dem Pfeifenrohr noch eine kleine Corneliusfigur. Pastor Flaam, der in der Nachkriegszeit in Lamersdorf tätig war, zeichnete auch kleine Corneliusbilder, die während der Oktav vor der Kirche verkauft wurden.

Eine Straße von Lamersdorf, die von der Kirche in einem großen Bogen in die Nähe der Cornelius-Kapelle führt, trägt den Namen Corneliusstraße. Früher soll der Vorname Cornelius im Dorf nicht selten gewesen sein. 1948 war ein Cornelius Wynands Schützenkönig der Cornelius-Bruderschaft. Auf dem Lamersdorfer Friedhof liegt ein Kornelius Winands begraben, der 1908 geboren und 1971 gestorben ist.

"Nervenschmerz und Kinder Krämpf"
Aus dem Heftchen Das Fest des hl. Papstes und Martyrers Cornelius, herausgegeben vom Pfarramt Lamersdorf, 1856/1964, die ersten und letzten von zwölf Strophen eines Liedes, gesungen nach der Melodie von "Zu dir schick ich mein Gebet".

Bittgesang zum Pfarrpatron Cornelius
1. Pfarrpatron Cornelius!
Hör’ in Ehrfurcht unsern Gruß.
Heiliger Cornelius!
Uns’rer Kirche wahrer Hort
Uns’res Heiles sich’re Pfort’.
Heiliger Cornelius!

2. Knüpfe edler Freundschaft Band,
Lös’ der Feindschaft Unverstand.
Heiliger Cornelius!
Glaubenszweifler führ’ zurück
Zu des wahren Glaubens Glück.
Heiliger Cornelius!

3. Freund dem Menschen, Freund dem Tier,
Stillest Hornvieh’s Weh du schier.
Heiliger Cornelius!
Nervenschmerz und Kinder Krämpf’
Und der Fallsucht Leiden dämpf’.
Heiliger Cornelius!

11. Reiner Brautschaft keusche Zeit
Mach’ zu heil’ger Eh’ bereit.
Heiliger Cornelius!
Daß als Selbstverständlichkeit
Gelten Treu’, Unlöslichkeit.
Heiliger Cornelius!

12. Elternsorg’ und Kindeslieb’
Im Famili’nkreis uns gib.
Heiliger Cornelius !
Daß in solchem zarten Band
Wir erkennen Gottes Hand.
Heiliger Cornelius!

(Weitere Gebete, Litaneien oder Gesänge zum hl. Cornelius in den Kapiteln über Kornelimünster, Alsdorf-Hoengen, Monschau-Rohren, Neuss-Selikum, Rath-Heumar, Lippborg, Niederlande, Vortum-Mullem.)
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