In Italien ein halbes Hundert "Corn"-Orte
Trotz der herausragenden Rolle der Cornelier im Römischen Reich und der zahlreichen Persönlichkeiten namens Cornelio im 15. bis 17. Jh. ist heute von diesem Namen in Italien wenig zu finden. An Familiennamen mit diesem Stamm ist, wie weiter hinten bei den Telefonanschlüssen zu sehen, lediglich der Familienname Corneli/Cornelli häufiger anzutreffen. Auch der Vorname Cornelius - italienisch Cornelio - ist heute in Italien nicht üblich, obwohl Papst Cornelius schon vom Kanon der Messe her im katholische Italien allgemein bekannt sein dürfte. In dem Buch Il libro dei Santi (= Das Buch der Heiligen) mit dem Untertitel Leben und Wirken aller Heiligen von Tag zu Tag von Pascal ALLOIA, das anscheinend aus den 1980er Jahren stammt, ist der Name Cornelio überhaupt nicht erwähnt.

Dagegen ist in italienischen Ortsnamen viel von "Corn" zu finden, wenn auch nur wenige von ihnen auf die Cornelier oder gar Papst Cornelius zurückgehen dürften. Der vom italienischen Touring Club herausgegebene Annuario Generale dei comuni e delle frazioni d’Italia (= Allgemeines Jahrbuch der Gemeinden und Ortsteile Italiens), 1980–85, weist fast 50 Orte in Italien aus, deren Namen mit Corn beginnen. Wahrscheinlich hängen sie alle irgendwie mit dem Wort corn = Horn zusammen. So tragen acht Orte den Namen Corno (= Horn), je drei die Namen Cornedo, Corneliano und Cornello, je zwei die Namen Cornegliano, Corneto, Cornia (= alter Name für Kornelkirsche als Frucht), Cornillo, Cornino, jeweils meist mit einem Zusatz zur Unterscheidung. Dann finden sich noch die Namen Corna, Cornalba (= weißes Horn), Cornale, Cornaredo, Cornate, Cornegliana, Cornei, Cornelle, Corneno, Cornetti (= Hörnchen, Posthörner), Corniana, Corniano, Cornice (= Rahmen, Gesims), Corniglia, Cornigliano, Cornigliasca, Corniglio, Corniola (= Kornelkirsche als Frucht), Corniolo (= Kornelkirsche als Pflanze, Karneol), Cornolade, Cornolo, Cornovecchio (= altes Horn) und Cornuda.
Die in Klammern angegebenen deutschen Worte sind Übersetzungen, wie sie sich im Wörterbuch finden. Ob dies aber wirklich der Ursprung oder die Bedeutung des Ortsnamens ist, könnte erst eine nähere Prüfung ergeben.
Im Altertum gab es darüber hinaus in Latium, dem Gebiet um Rom, eine stark befestigte Stadt namens Corniculo. Plinius der Ältere (23–79 n. Chr.) führt sie aber schon als nicht mehr bestehend auf. An der Westküste Sardiniens bestand bereits 215 v. Chr. eine punische Stadt mit Namen Cornus, die im 5. Jh. n. Chr. beim Einfall der Vandalen aufgegeben wurde.

Einige Orte möglicherweise auf Cornelier zurückzuführen
Die vorstehend erwähnten drei Ortsnamen Corneliano, vielleicht auch die beiden Cornegliano sowie Cornegliana könnten - hier ist noch Forschungsbedarf - auf die Cornelier oder Cornelius zurückzugehen. Daher nachstehend zu ihnen etwas mehr:
Corneliano bei San Giorgio Piacentino, etwa 30 Einwohner, 197 m hoch gelegen, in der Provinz Piacenza, Emilia-Romagna.
Corneliano Bertario, heute ein Ortsteil von Truccazzano, etwa 400 Einwohner, 101 m hoch gelegen, in der Provinz Mailand.
Corneliano d’Alba nahe der Stadt Alba, Anfang 2009 2.081 Einwohner, 204 m hoch gelegen, in der Provinz Cuneo der Region Piemont. Der Ortsname leitet sich davon ab, dass dort einst ein Landgut des römischen Cornelier-Geschlechts, der gens Cornelia, lag. Die Einwohner werden Cornelianesi genannt.


Bei dem oben erwähnten, gut 15.000 Einwohner zählenden Cornigliano, heute ein Ortsteil von Genua, soll der Name laut der - allerdings umstrittenen - Darstellung eines Genueser Historikers des 16. Jh.s auf die römischen Cornelier zurückgehen. Diese sollen einstmals in der Gegend ein Stück Land namens ager cornelianum (= cornelischer Acker) besessen haben. (ital. Wikipedia vom 12.10.2011)


Corniglia im Nationalpark Cinque Terre. (Foto 23.9.2011)



Corniglia in Cinque Terre: Cornelier-Weingut
Ziemlich sicher - soweit dies bei alten Ortsbezeichnungen überhaupt möglich ist - dürfte Corniglia auf die antiken Cornelier zurückgehen. Der nur 245 Einwohner (2011) zählende Ort wurde in den letzten Jahren im internationalen Tourismus bekannt. Er ist nämlich einer der fünf Orte, die das Gebiet der Cinque Terre (= fünf Länder) an der ligurischen Riviera in der Provinz La Spezia bilden, seit 1997 UNESCO-Weltkulturerbe und seit 1999 Nationalpark. Im Gegensatz zu den vier anderen Orten liegt Corniglia nicht direkt am Meer, sondern etwa 100 m darüber auf einem Felsvorsprung mit steil abfallenden Weinbauterrassen. Zum Wasser und zur Eisenbahn gelangt man vom Dorf über eine breite Treppe von 382 Stufen.
Wie in den vielen Veröffentlichungen über die Cinque Terre zu lesen, soll Corniglia auf die Zeit der Eroberung durch die Römer zurückgehen. Nachdem diese im Jahre 177 v. Chr. die hier ansässigen Ligurer besiegt hatten, teilten sie das Land unter sich auf. Dabei erhielt die Familie Corneli (oder Cornelius) ein Stück Land mit Weinberg an der Stelle des heutigen Ortes.
Ein amerikanisches Reisehandbuch erklärt es etwas anschaulicher so: Ein römischer Bauer habe bei der Aufteilung des Landes sein Stück nach seiner Mutter benannt, die Cornelia hieß. Cornelia und Corniglia seien in der Aussprache nahezu gleich.
In der italienischen Wikipedia zu Corniglia (vom 12.10.2011), die es ebenfalls für wahrscheinlich hält, dass der Ortsname auf die antiken Cornelier zurückgeht, erinnert man daran, dass man bei den Ausgrabungen in Pompeji Wein-Amphoren gefunden habe, auf denen der Name Cornelia stand.
Die Einwohner von Corniglia nennen sich Corniglesi.

Das Örtchen kann sich auch rühmen, schon früh in der Weltliteratur erwähnt zu sein, und zwar wegen seines Weines. So berichtet Boccaccio (1313–1375) im Dekameron, der gefangene Abt des Klosters Cluny, der an einem Magenleiden litt, sei mithilfe des Weins aus Corniglia geheilt worden.

Ein anderes Produkt aus den Cinque Terre, als Spezialität des Nationalparks vermarktet, macht zurzeit von sich reden: die salsa del Corniolo, übersetzt Corniolo-Soße. Sie besteht vor allem aus Peperoni (zu 69%) und Sardinen. Kornelkirschen, die auf Italienisch ebenfalls corniolo heißen, werden nicht verwendet. Vielmehr kommt der Name von einem Hügel in den Cinque Terre, der diesen Namen trägt und auf dem die verwendeten Peperoni angebaut werden. Warum der Hügel so genannt wird, wäre noch zu erforschen. Vielleicht wuchsen hier früher einmal Kornelkirschen.

"Then you must like our town": Imola
1991. Der Verfasser, Josef Cornelissen aus Unna, kommt beruflich zu einer Tagung nach Bologna in Italien. Wegen einer Messe-Veranstaltung muss die deutsch-französische Delegation in dem etwa 35 km östlich gelegenen Imola übernachten. Noch spät am Abend zeigt der italienische Gastgeber voll Stolz die Sehenswürdigkeiten der Stadt: Autorennbahn, historisches Zentrum, Sforza-Kastell. Zum Abschluss tauscht man Visitenkarten aus. Beim Anblick des Namens Cornelissen ruft der Italiener aus (wegen der Sprachschwierigkeiten wurde englisch gespochen): "Then you must like our town even more. In ancient times the town was called Forum Cornelii and was founded by a Cornelius."
(= Dann muss Ihnen unsere Stadt noch besser gefallen. Ganz früher hieß sie Forum Cornelii und wurde gegründet von einem Cornelius)
Wie ein Blick in die Geschichte von Imola ergab, war in der Tat der Ort etwa um 80 v. Chr. von dem berühmt-berüchtigten Cornelius Sulla (138–78 v. Chr.) zur Stadt erhoben worden und trug dann den Namen Forum Cornelii (= Kreisstadt des Cornelius oder des Corneliers) oder Forum Cornelium (= Cornelische Kreisstadt).

Der erste namentlich überlieferte Bischof von Imola war übrigens ein heiliger Cornelius (= San Cornelio), gestorben im Jahre 405. (ital. Wikipedia vom 12.10.11: Diocesi di Imola)


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