Verwickelte Sprachgeschichte
Der botanische Name der Kornelkirsche ist Cornus mas, was mit "männlicher Hornstrauch" übersetzt werden könnte. Schon die Römer nannten den Strauch/Baum cornus (Genitiv: corni, auch cornus mit lang gesprochener 2. Silbe). Anscheinend unterschieden sie auch schon zwischen cornus mas, der Kornelkirsche, und cornus feminina, den anderen Hartriegelarten. Cornus mas = Kornelkirsche war aber trotzdem wie alle Bäume im Lateinischen feminin. Dagegen war die Frucht = cornum (Genitiv: corni) vom grammatikalischen Geschlecht her neutrum. Für die Frucht gab es daneben noch, wie das Werk Les noms de plantes dans la Rome antique von Jacques ANDRÉ, Paris 1985, aufzeigt, die Verkleinerungsformen cornulium (Genitiv: cornulii, neutrum) und cornulia (Genitiv: cornuliae, feminin). Eine Anzahl römischer Schriftsteller wie Horaz, Ovid, Plinius der Ältere und Vergil erwähnen den cornus. In einem neuen Werk über lateinische Pflanzennamen von der Antike bis zum 18. Jh. (LEXICON NOMINUM HERBARUM, ARBORUM FRUTICUMQUE LINGUAE LATINAE) von Johannes STIRLING, Budapest 1997, sind die jeweiligen Stellen wörtlich zitiert, aber leider ohne Übersetzung ins Deutsche.



Namensschild an einer betagten Kornelkirsche im Alten Botanischen Garten von Zürich mit der mundartlichen schweizerischen Bezeichnung Tierlibaum. (Foto 27.12.1999)

Umstrittener Namensursprung
Warum die Römer den Strauch so nannten, ist umstritten. Meist ist zu lesen, die Bezeichnung komme von cornu = Horn, und zwar in der Regel mit der Begründung, das harte Holz der Kornelkirsche sei so fest und zäh wie Horn; so schon Zedler’s Universal-Lexikon von 1733 ("weil die Äste dieses Baums dem Horne und dem Hirnschädel an Härte gleich kommen"). Bereits 1852 lehnte G. C. WITTSTEIN in seinem Etymolog.-botan. Handwörterbuch den Zusammenhang mit cornu = Horn ab. Helmut GENAUST, der im Etymologischen Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen, 3. Auflage, 1996, die verwickelte und umstrittene Sprachgeschichte von Cornus eingehend behandelt, geht von einer gemeinsamen indogermanischen Basis - krnom oder krnos - für Hartriegel/Kornelkirsche aus, die sich auf deren hartes Holz bezieht. Daneben gäbe es eine indogermanische Bezeichnung für die Süßkirsche - griechisch kérasos, lateinisch cerasus -, die kein hartes Holz besitzt. Ohne genaue botanische Kenntnisse läge es nahe, die beiden Arten, die zwar unterschiedlichen botanischen Ordnungen angehören ("Steinobst, aber botanisch keine Kirschen"), gleich zu benennen, weil sie als gemeinsames Merkmal die essbaren roten Steinfrüchte haben. Im antiken Schrifttum könnte also teilweise statt der Kornelkirsche durchaus die Vogelkirsche (Prunus avium) gemeint sein.

Laut Mayers Großem Universallexikon, Ausgabe 1983, leitet sich das deutsche Wort Kornelkirsche (zweite Silbe lang und betont) vom althochdeutschen cornilbaum ab, der seinerseits vom mittellateinischen corniola herrühre. Dieser wieder komme von der lateinischen Bezeichnung cornum, cornus für den Kornelkirschenbaum. In älteren Gartenbüchern wiederum ist zu lesen, der Name käme vom vulgärlateinischen cornolium oder corneolus für Kornelkirsche.

Kornelbaum, Herlitze, Dirlitze und und und
Da es in der deutschen Sprache eine ganze Anzahl Bezeichnungen für die Kornelkirsche gibt und viele Verwendungszwecke genannt werden - als Frucht, als Heilmittel, als Nutzholz -, ist anzunehmen, dass sie früher bei uns weit stärker verbreitet war als heute, wo sie vor allem Zierstrauch und weniger Nutzgehölz ist.

Zedler’s Universal Lexicon von 1733 führt fett gedruckt für den Baum folgende deutsche Bezeichnungen auf:
Cornel-Baum, Cornel-Kirschen-Baum, Welscher Kirschen-Baum, Kurbeer-Baum, Dierlein-Baum, Dörnlein, Horlizgen-Baum, Cornelius-Kirschen-Baum, Cörner-Baum, Tierlein-Baum,
und für die Frucht:
Corneel-Kirsche, Cornell-Kirsche, Welsche Kirsche, Horlizge, Kirrbeere, Horn-Kirsche, Horniß-Beer, Horniße, Hirlitze, Dirlitze, Dierlein, Dierlin-Kirsche, Corneel-Beere, Corlen, Corneole, Cornelle, Zieserlein.
Das 1993 in Radebeul erschienene Werk Obstsorten von Gerhard FRIEDRICH und Herbert PETZOLD nennt für die Kornelkirsche folgende "andere deutsche Namen":
Corneliuskirsche, Cornille, Gelber Hartriegel, Kornelle, Dirndl (Bayern), Dirlitze, Dürrlitze (Schwaben), Erlitze, Herlitze, Hörlitze (Thüringen), Krakebeere, Knüten (Mecklenburg), Welsche Kirsche, Hornkirsche, Zis(s)erle (Franken), Beinholz und andere.

Unklar ist die Herkunft der viel verwendeten Bezeichnungen Herlitze und Dirlitze mit ihren verschiedenen Abwandlungen (so u. a. Dierlibaum, Dirndstrauch und - vor allem in Österreich - Dirndl). In der Schweiz scheint neben Kornelkirsche auch Tierlibaum üblich zu sein; so trägt ein sehr betagtes Exemplar im Alten Botanischen Garten von Zürich auf dem offiziellen Namensschild die Bezeichnungen
"Cornus mas   Kornelkirsche   Tierlibaum".
Nach dem Deutschen Wörterbuch der Gebrüder GRIMM von 1873 ist das Wort Herlitze stufenweise aus dem Wort Kornelle, also Kornelkirsche, entstanden. Andere Namen waren danach Korlesbeere und Kürbeere.



"Zahmer Kornel=Baum" in Krünitz’ Oekonomischer Encyklopädie
Erstaunlich, wieviel Wissen schon Ende des 18. Jh. über die Kornelkirsche zur Verfügung stand. In der 242 Bände umfassenden Oekonomischen Encyklopädie von J. G. KRÜNITZ sind in Band 46, der im Jahre 1789 erschien, insgesamt 26 Spalten den Stichworten Kornel=Baum und Kornel=Kirsche gewidmet — inzwischen dank Internet und Digitalisierung allzeit und jedermann zugänglich (www.kruenitz1.uni-trier.de).
Unter Kornel=Baum versteht Krünitz aber nicht nur die eigentliche Kornelkirsche, nämlich die Art Cornus mas, sondern die gesamte Gattung Cornus, heute üblicherweise Hartriegel genannt. Der Rote Hartriegel (= Cornus sanguinea) wird bei ihm als "wilder Kornel=Baum" bezeichnet und die eigentliche Kornelkirsche (Cornus mas) als "zahmer Kornel=Baum". Für ihn führt er weitere 25 deutsche Bezeichnungen auf, also weit mehr als im schon zitierten Zedler’s Universallexicon von 1733:
"Derlenbaum, Dientel, Dierleinbaum, Dierlitzenbaum, Dirling=Baum, Dorlenbaum, Dorlenstrauch, Dörlings=Baum, Dürrlitzenbaum, Fürwitzelbaum, Herlskenbaum, Horlitzenbaum, Horlskenbeerstaude, Hornkirschenbaum, Kaneelbeerstrauch, Karlskirschenbaum, Körnerbaum, Kornlebaum, Kürbeerbaum, Kurbeerbaum, Thierleinbaum, Tirlen, wälscher Kirschbaum, Zieserleinbaum, Zieserleinstrauch."
Für die Frucht sind bei ihm 23 Namen zu finden, nämlich
"Kornel=Kirsche, Kornus=Kirsche, Kornelle, Dientel, Dierlein, Dörnlein, Glaue, Hahnenhoden, Herlitze, Herlitzke, Hernske, Hörlske, Horn=Kirsche, Kaneel=Beere, Kaneel=Kirsche, Karls=Kirsche, Karniole, Kornbeere, Kurbeere, Kürbeere, Terling, Thierlein, wälsche Kirsche".
"Das härteste und zäheste Holz in Deutschland"
Krünitz sagt auch schon, dass das "Holz eines starken Kornel=Baumes das härteste und zäheste in Deutschland ist" und deswegen u. a. zu Hammerstielen, Messerheften und Säbelgriffen verwendet werde. Wegen seiner Härte mache man auch "die besten hölzernen Nägel" davon. Er nennt noch einen weiteren Verwendungszweck, der zu seiner Zeit, im 17. Jh., als die Gewehre noch Vorderlader waren, seine Bedeutung hatte:
"Die geraden Schüsse werden zu Lade=Stöcken gebraucht, weil sie einen kleinen Kern haben."
Ausführlich beschreibt er, wie man die Früchte der Kornelkirsche behandelt, damit sie "die Stelle der ausländischen Oliven vertreten" können. Es werden auch eine Anzahl "Varietäten oder Abarten" beschrieben, die damals schon bekannt waren, so die mit scheckigen Blättern, mit gelben Früchten sowie der nordamerikanische Kornel=Baum.

Bei Tollwut meiden?
Schon damals gab es Bedenken hinsichtlich ihrer Eignung als Bienenweide: "Man gibt vor, daß, so lange dieser Baum blühet, keine Bienen ausgesetzt werden sollen, indem der daraus gesammelte Honig den Durchfall verursache." Das wurde aber auch damals schon bestritten.
Dann erwähnt Krünitz ein merkwürdiges Verhalten in Italien bei Tollwut:
"In Italien hüten sich diejenigen, welche von einem tollen Hunde gebissen sind, daß sie ein ganzes Jahr lang gewisse Hölzer, vornehmlich den Kornel=Baum, nicht anrühren; indem dergleichen Personen, wie Matthiolus meldet, wenn sie die Ruthen von dem Baume ein wenig in der Hand halten, bis sie warm werden, sogleich die Wasser=Scheu bekommen."



9 Spalten in Marzells Wörterbuch
Schon im Neuen illustrierten Kräuterbuch von Dr. Heinrich MARZELL, Reutlingen 1922, sind eine Anzahl Namen der Kornelkirsche verschiedenen Regionen zugeordnet. Es heißt dort:
"Namen: Dierlitze, Dürrlitze, Herlitzenbaum. – Niederdeutsch: Kratzebeere. Fränkisch: Zisserle. Thüringisch: Hörlitze, Judenkirsche, Korlesbeer. Bayerisch-österreichisch: Diendlbeer, Dirndl. Schweizerisch: Judechriesi, Tierli."
Wenn in diesen Gebieten die Kornelkirsche jeweils ihre eigene mundartliche Bezeichnung hatte, ist zu vermuten, dass sie dort auch stärker verbreitet war. Dies wirft allerdings im Fall Krakebeere und Knüten für Mecklenburg bei FRIEDRICH/PETZOLD oder Kratzebeere im Niederdeutschen bei MARZELL einige Zweifel auf, da die Kornelkirsche im Norden Deutschlands nicht heimisch war.


Wie verwickelt die Sprachgeschichte von Cornus mas/Kornelkirsche ist, zeigt eindrucksvoll das Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen von Heinrich MARZELL, Leipzig 1943, das diesem Stichwort trotz einer Vielzahl von Abkürzungen neun Spalten widmet! Dort sind auch die Jahreszahlen für die ersten Erwähnungen der verschiedenen Bezeichnungen einschließlich Quellenangaben zu finden.
Eines der botanischen Standardwerke, Die Pflanzenwelt von Prof. Dr. Otto WARBURG, Leipzig 1926, verwendete für die gesamte Gattung Cornus die Bezeichnung Kornelkirsche („Die Gattung Cornus oder Kornelkirsche, auch Hartriegel genannt“). Die Kornelkirsche im engeren Sinne (Cornus mas) heißt dort Gemeine Kornelkirsche und der Rote Hartriegel (Cornus sanguinea) Rotästige Kornelkirsche. Diese Bezeichnungsweise hat sich aber nicht durchgesetzt.

In der Hohenheimer Xylothek als "Korneelkirschberbaum"
Eine der größten Holzbibliotheken - oder Xylotheken - Deutschlands ist die der Universität Hohenheim im Süden Stuttgarts. Sie besteht aus 189 nahezu einheitlich gearbeiteten Kästchen in der Größe von 19,4 x 12,8 cm, in der für Forst- und andere Holzfachleute die wichtigsten natürlichen Eigenschaften der jeweiligen Baumart sowie deren Nutzungs- und Bearbeitungsmöglichkeiten zusammengefasst sind. Ein großer Teil des Bestandes war von Dezember 2011 bis Februar 2012 im Rahmen der Sonderausstellung "Unter Bäumen – Die Deutschen und der Wald" im Deutschen Historischen Museum in Berlin zu sehen. Eines der dort ausgestellten kostbaren Buchattrappen war der Kornelkirsche gewidmet. Der betreffende Buchrücken mit der Rinde der Kornelkirsche trägt ein rotes Etikett mit der Aufschrift in Golddruck:
Der Korneelkirschberbaum

CORNUS
MASCULA

Darunter befindet sich auf einem kleinen ovalen Etikett die arabische Zahl 57 als fortlaufende Nummer innerhalb der gesamten Xylothek. Das Kästchen für die Kornelkirsche gehört der sogenannten Serie B an, die gleich zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Raum Nürnberg entstanden ist.
Aus dem Doppel-e in Korneel... ergibt sich, dass damals dort die zweite Silbe lang und betont gesprochen wurde.
(Mehr zur Hohenheimer Xylothek unter https://zutmuseum.uni-hohenheim.de/86340)


Statt Cornelle auch Judenkirsche
Wie sich vorstehend aus Marzells Kräuterbuch ergibt, wurde die Frucht in einigen deutschen Gegenden, so in Thüringen, auch Judenkirsche genannt, mundartlich, vor allem in der Schweiz, auch Judechriesi. Dies beruhte anscheinend darauf, dass sie gegenüber der "echten" Kirsche wegen des geringeren Fruchtfleisches und des leicht säuerlichen Geschmacks als minderwertig galt (Auch andere Pflanzen wurden früher Judenkirsche genannt. So heißt im Kräuterbuch von 1470 der Wasserburgen Anholt und Moyland die Lampionblume - Physalis alkekengi -: "Kagengi - Judenkerss"). Die verbreitetsten Namen waren aber wohl immer Kornelle und Kornelkirsche oder -beere in den verschiedensten Schreibweisen. Darauf deutet auch hin, dass sie im Althochdeutschen - also schon im 10. bis 12. Jh. - cornulbeeri, churnelbeere oder quirnilberi hieß, also auch auf den Stamm Cornel zurückging.
In Bozen kamen die Kornelkirschen laut Walther Wangerins Abhandlung über die Cornaceae von 1910 (A. ENGLER: Das Pflanzenreich) damals als "Karnellen" auf den Markt. MARZELLs Kräuterbuch nennt die reifen Früchte "Dierlitzen".

Im 1829 erschienenen 19. Teil der Allgemeinen Encyclopädie der Künste und Wissenschaften, herausgegeben von J. S. ERSCH und J. G. GRUBER, Professoren in Halle, heißt es: "Seine Früchte, die Corneliuskirschen, reifen ...". In Meyer’s Konversations-Lexikon von 1863 werden als deutsche Bezeichnungen für Cornus mascula L. (also Kornelkirsche) genannt: „Korneliuskirschbaum, Herlitzenstrauch“. Danach könnte man annehmen, dass im 19.  Jh. die Bezeichnung Corneliuskirsche nicht unüblich war, vielleicht sogar gegenüber den vielen mundartlichen Formen als die "offizielle“ galt. Bereits für den Anfang des 18. Jh. ist laut MARZELLS Wörterbuch diese Bezeichnung nachgewiesen.

Fürwitzelbaum und Zisserle
Süddeutsch und ausgesprochen "nett" klingen die Bezeichnungen für die Kornelkirsche, die beide laut Marzells Wörterbuch schon für das 18. Jh. bezeugt sind. "Fürwitzel" soll offensichtlich ausdrücken, dass dieser Baum "vorwitzig" ist, nämlich am frühesten von allen Obst tragenden Gehölzen blüht. Die Bezeichnung Zisserle in den verschiedenen Formen scheint im Fränkischen und Schwäbischen verbreitet zu sein. Wie sich der Verfasser aber selbst überzeugen konnte, kennen heute dort viele den Namen nicht — vielleicht dadurch zu erklären, dass die Befragten auch sonst wenig Kenntnisse von heimischen Pflanzen hatten. Heute noch weniger bekannt ist der schon 1790 erwähnte Name "Ruhrbeerstrauch" bzw. "Ruhrkirschen" für die Kornelkirsche. Die Früchte fanden nämlich früher Anwendung als Mittel gegen die rote Ruhr (durch Bakterien hervorgerufener, oft epidemisch auftretender Durchfall).


Vorsicht vor dem Dierliwurm!
Geradezu ein mundartlicher Leckerbissen ist die Warnung, die sich in dem bereits 1857 erschienenen Werk Alemannisches Kinderlied und Kinderspiel aus der Schweiz von Ernst Ludwig ROCHHOLZ findet. Dort heißt es unter "Unfall und Krankheit" als Brauchtum Nr. 892:
"Kindern, die zu viele Kornelkirschen essen, cornus mascula,
Dirlitzen und Tierli genannt, droht man mit dem Dierliwurm oder Thierli,
das in ihrem Bauch aufwachsen werde."
Offenbar beruht die Warnung allein auf diesen mundartlichen Bezeichnungen, die in Süddeutschland und der Schweiz gebräuchlich sind; mit einem Tier haben sie nichts zu tun. Es ist allein die Namensähnlichkeit. Man wird erinnert an eine ähnliche Entwicklung bei Schutzheiligen. So wird der heilige Cornelius als Beschützer des Hornviehs angerufen, weil der Anfang seines Namens Horn bedeutet (lateinisch: corn = Horn).



Cornouiller, corniolo, kornoelje, ...
Auch im außerdeutschen Verbreitungsgebiet ist die Bezeichnung für Kornelkirsche meist nach dem lateinischen cornus gebildet. Dies mag sich daraus erklären, dass die verschiedenen Länder, wenn sie nicht ohnehin zum romanischen Sprachraum gehörten, die Kornelkirsche aus diesem Sprachraum eingeführt und dann auch den Namen mehr oder weniger verändert mit übernommen haben.

bulgarisch:  drjan
dänisch:  kirsebær-kornel (= Kirsch-Kornel)
englisch:  cornelian cherry, cornel (auch male dogwood = männlicher Hartriegel)
französisch:   cornouiller mâle (= männliche K.), auch: cornouiller sauvage (= wilde K.), cornouiller des bois (= Waldk.), cornouiller jaune (gelbe K.), cornier, corbier. Frucht: cornouille, corneille
italienisch:  corniolo (bei Betonung auf der zweitletzten Silbe auch Bedeutung von Karneol). Frucht: corniola
niederländisch:  gele (= gelbe) kornoelje
norwegisch:  vårkornell (= Frühlingskornell)
schwedisch:  kornellkörsbär, auch körsbärkornell (= Kirschkornell)
serbo-kroatisch:  drenjine
spanisch:  cornejo macho (= männlicher c.), auch: cerezo silvestre (= Wald-C.)

In Wiktionary, dem freien Wikiwörterbuch (http://de.wiktionary.org./wiki/Kornelkirsche), vom 30.4.2006 sind darüber hinaus noch folgende Bezeichnungen zu finden:
estnisch:  kirss-kontpuu
finnisch:  punamarjakanukka
isländisch:  vorhyrnir
kroatisch:   drijen, drenj, drenovina
lettisch:  kizils
litauisch:  geltonoji sedula
portugiesisch:   corneller
rumänisch:   corn
slowakisch:  drien; obycajný
slowenisch:  dren, rumeni dren
tschechisch:  drín obecný
türkisch:   kizilcik
ungarisch:  húsos som (gesprochen: huschosch schomm)
Daneben finden sich dort noch die Namen in Bulgarisch, Griechisch, Japanisch, Polnisch und Russisch, deren Wiedergabe wegen der anderen Schriftzeichen aber einige Schwierigkeiten macht.

Die spanische Bezeichnung cornejo (nicht zu verwechseln mit conejo = Kaninchen oder corneja = Rabenkrähe) ist ein verbreiteter Familienname in spanisch sprechenden Ländern, insbesondere auch in Peru.
Im Dänischen, Norwegischen und Schwedischen ist kornel bzw. kornell die Bezeichnung für die Gattung Hartriegel, entsprechend dem botanischen Gattungsnamen Cornus. So heißt auf Dänisch der Rote Hartriegel (Cornus sanguinea) rœd kornel (= roter Kornel), auf Norwegisch villkornell (= wilder Kornell) und auf Schwedisch sgokskornell (= Waldkornell). Im Isländischen, ebenfalls eine nordische Sprache, wird der Hartriegel skollaber genannt. Die Familie der Hartriegelgewächse oder Cornaceae nennt sich dänisch kornelfamilien, norwegisch kornellfamilien und schwedisch kornellväxter. Der Begriff Kornel ist also in Skandinavien durchaus geläufig, wenn auch die Kornelkirsche selbst dort nicht heimisch ist. Sie wird aber, vor allem wegen ihrer frühen Blüten, auch dort in Parks und Gärten angepflanzt.


Eine Vielzahl italienischer Bezeichnungen
In der italienischen Fachliteratur wird die Kornelkirsche als in Italien häufig, für Mittel- und Norditalien sogar als gemein angegeben. Sie soll dort in Hecken und Wäldern der Hügellandschaft oder mittleren und unteren Bergregion wachsen, besonders auf steinigem Boden, wo man sie häufig zusammen mit Haselnuss, Hainbuche und Weißdorn finde. Es wundert daher nicht, dass ein solcher Baum, der dazu noch von vielfältigem Nutzen ist, neben der offiziellen Bezeichnung corniolo eine Anzahl weiterer Namen im Volkmund hat, so corgnolo, cornajo, cornello, corniello, cornio, corno, crógnolo, sanguino maschio, aber auch corniale und corgnale (Gabrielle CORSI in Piante Selvatiche di uso alimentare in Toscana = Wildpflanzen zum Nahrungsgebrauch in der Toskana, 1979). Daneben gibt es zur eindeutigen Klarstellung die Bezeichnung corniolo maschio (= männlicher c.), die der lateinischen botanischen Bezeichnung nachgebildet ist. Wie das vielbändige Lessico Universale Italiano, 1970, ausführt, ist corniolo eine Verkleinerungsform des ursprünglichen Namens córnio, der wiederum aus dem lateinischen Wort für Kornelkirsche, nämlich córneus hervorgegangen sei.

Kornelkirsche: Baum = corniolo, Frucht = corniola
Im Italienischen ist in der Regel ein Baum männlich und endet auf o, während dessen Frucht weiblich ist, denselben Namen trägt, aber auf a endet. So ist die ursprüngliche Form für Kornelkirsche als Baum cornio, für die Frucht cornia, die heutige Form corniolo für den Baum und corniola für die Frucht. Was die Betonung von corniolo bzw. corniola angeht, scheinen im Italienischen ähnliche Schwierigkeiten wie bei Kornel im Deutschen zu bestehen: Die antike und lateinische Form cornio bzw. corneus wurden auf der ersten Silbe betont. Nach dem Lessico Universale Italiano liegt die Betonung von corniolo und corniola auf der ersten Silbe; die Betonung auf der zweitletzten Silbe ist allerdings danach auch möglich. Das Langenscheidt Taschenwörterbuch, 1962, gibt nur die Betonung auf der ersten Silbe an. Das viel benutzte Nachschlagewerk Encyclopedia Universale Garzanti, Ausgabe 1992, gibt nur die Betonung auf der zweitletzten Silbe an. Alle Nachschlagewerke stimmen aber darin überein, dass das ebenso geschriebene italienische Wort corniola für den Halbedelstein Karneol auf der zweitletzten Silbe betont wird.

Im Nationalpark Cinque Terre an der ligurischen Küste ist als Spezialität eine scharfe Soße unter der Bezeichnung salsa del Corniolo zu kaufen. Trotz des Namens Corniolo = Kornelkirsche werden zur Zubereitung keine Kornelkirschen verwendet. Vielmehr stammt die Bezeichnung von einem Hügel dieses Namens, auf dem die Peperoni angebaut werden, die Hauptbestandteil der Soße sind.

In the U. K. it's the "Cornelian Cherry"
In Großbritannien wird die Kornelkirsche Cornelian Cherry genannt, übersetzt: cornelische Kirsche. Sie ist nicht sehr verbreitet. Laut dem 1988 erschienenen Werk The Hillier Book of Garden Planning and Planting wird die cornelian cherry zwar "schon seit Jahrhunderten in Großbritannien angepflanzt" – dies lässt sich auch aus ihren verschiedenen Erwähnungen im Oxford English Dictionary schließen (mehrere Nachweise aus dem 16. und 17. Jh.). Allzu großer Wertschätzung scheint sie sich aber heute nicht mehr zu erfreuen. In The Tree & Shrub Expert, einer in britischen Gartenzentren häufig angebotenen Schriftenreihe über gärtnerische Fragen von Dr. D. J. HESSAYON wird die Kornelkirsche als "populär, aber nicht besonders attraktiv" beschrieben. Dies scheint weit verbreitete Auffassung zu sein. In vielen britischen Gartenbüchern wird sie überhaupt nicht erwähnt, wohl aber eine Reihe anderer Vertreter der Hartriegelgewächse. Überhaupt hat es den Anschein, dass die Briten, wenn sie schon die Cornelian Cherry anpflanzen, sie dies in einer der Zuchtformen tun. The Hillier Manual of Trees & Shrubs, Ausgabe 1998, das von einer der führenden britischen Baumschulen herausgegebene Standardwerk, zählt folgende Zuchtformen der Kornelkirsche auf (mit der Jahreszahl, seit sie in Kultur sind):
'Aurea' (gelbliche Blätter), 1895
'Aurea Elegantissima' oder 'Tricolor' (gelbliche Blätter mit etwas Rot), um 1869
'Hilliers Upright' (hochwachsende Form)
'Macrocarpa' (größere Früchte)
'Variegata' (weißgerandete Blätter)

Man findet aber auch positive Stimmen zur Kornelkirsche. In dem umfangreichen Werk The Gardener's Illustrated Encyclopedia of Trees and Shrubs von Brian DAVIS, London 1987, wird zur Cornelian Cherry einleitend - farblich hervorgehoben - ausgeführt: "Cornus mas und C. mas 'Variegata' können nicht hoch genug als Sträucher für den größeren Garten empfohlen werden, denn sie sorgen im Winter für Blüten und im Herbst für Früchte."

Hartriegel = Cornel oder Dogwood
Für einen hohen Bekanntheitsgrad des Wortstammes von Cornelius in Großbritannien ist jedenfalls gesorgt. Denn auch die gesamte Gattung Cornus L., also alle Hartriegelgewächse, die dort in den verschiedenen Arten und Zuchtformen durchaus verbreitet sind, nennt sich Cornel; oder Dogwood (wörtlich: Hundeholz). Mit Common Dogwood wird der in Südengland weit verbreitete Rote Hartriegel - Cornus sanguinea - bezeichnet. Für Cornelian Cherry wird auch einfach der Ausdruck Cornel gebraucht; nach neueren botanischen Wörterbüchern (HYAM/PANKHURST, 1995, QUATTROCCHI, 1999) soll auch die Bezeichnung sorbet verwendet werden.


Großes Fragezeichen bei der Betonung
Erst wenn man tiefer in eine Sache einsteigt, wird häufig festgestellt, was es noch alles an Fragen gibt. So auch bei der Bezeichnung Kornelkirsche. Wo liegt die Betonung, auf der ersten oder zweiten Silbe? Nach der Masse der durchgesehenen Literatur liegt die Betonung, soweit sie überhaupt angegeben war, auf der zweiten Silbe. Dabei wird diese betonte zweite Silbe jeweils als lang gesprochen angegeben. Dagegen macht schon das Deutsche Wörterbuch der Brüder GRIMM, 5. Band aus dem Jahre 1873, darauf aufmerksam, dass Kornelbaum anscheinend teils auf der ersten, teils auf der zweiten Silbe betont wird. Unter dem Stichwort Kornelle (= Kornelkirsche als Frucht) wird dort weiterhin ausgeführt, dass die deutschen Umbildungen kornbeere, korbeere ... lauten, die lateinische Umbildung kornelius-kirsche (vgl. englisch Cornelian Cherry) aus der Betonung auf der zweiten Silbe herrührt. Das Wörterbuch stellt hierzu die schwer verständliche Frage: "Hängt damit zusammen die merkwürdige angabe bei Rädlein 179 b 'Cornelius im kopf, rappelköpfisch, martel en tête'?" (Die Frage dürfte insoweit geklärt sein, dass - wie weiter vorn im Kapitel "Cornelius = Katzenjammer" dargelegt - Cornelius/verbummelter Student nichts mit der Kornelkirsche zu tun hat.)
Legt man Zedler’s Universal-Lexicon von 1733 zugrunde, spricht alles für eine Betonung auf der zweiten Silbe. Dort sind nämlich die Stichworte Corneel=Beere, Corneel=Kirsche, Corneel-Kirschen=Baum sowie Cornelius=Kirschen, Cornelius=Kirschen=Baum, Cornell=Kirsche, Cornelle aufgeführt, deren Schreibung anzeigt, dass damals die zweite Silbe betont wurde, wenn auch mal lang und mal kurz. In einem Werk aus dem Jahre 1798 Fortgesetzte Magie, oder, die Zauberkraft der Natur von Professor Samuel HALLE, in Berlin erschienen, wird in einem Artikel über die Verwendung der Kornelkirsche als Olive diese jeweils "Kornellkirsche" geschrieben, also mit Doppel-l. Demnach ging Halle damals von einer Betonung auf der zweiten Silbe aus, die aber kurz ausgesprochen wurde.

Bei Italienern und Briten Betonung auf der ersten Silbe
Zur Darstellung der Komplexität dieser Frage sei noch darauf hingewiesen, dass im Französischen cornouille und Spanischen cornejo (jeweils Kornelkirsche als Frucht) die zweite Silbe betont wird. Im Italienischen córniolo liegt jedoch die Betonung auf der ersten Silbe (allerdings ist dort auch die Betonung der dritten Silbe zulässig); andernfalls ist damit der Schmuckstein Karneol (= corniólo) gemeint. Das englische Wort corneltree wird ebenfalls auf der ersten Silbe betont. Laut The Oxford English Dictionary, Ausgabe 1933, ist cornel in England schon seit dem 16. Jh. in Gebrauch und in den verschiedenen Schreibweisen aus dem Deutschen (von cornel-baum) übersetzt. Das wiederum würde darauf hindeuten, dass die frühen deutschen Formen wie cornel-baum, churnelbere, quirnilberi ebenfalls auf der ersten Silbe betont wurden.
Schließlich nannten die Römer den Strauch schon cornus, wobei ebenfalls die erste Silbe betont wurde. Vieles dürfte dafür sprechen, dass sich Kornel vom italienischen corniolo ableitet. Dort ist der Baum allgemein verbreitet und wurde vielfältig genutzt. Wie schon oben ausgeführt, wird corniolo in der Regel auf der ersten Silbe betont. Im Übrigen hat auch das mundartliche italienische Wort crógnolo für Kornelkirsche die Betonung auf der ersten Silbe. Der Schreiber dieser Zeilen hat eine Anzahl seiner Bekannten getestet. Auch dort keine Eindeutigkeit, jedoch leichte Mehrheit für die Betonung der zweiten Silbe, allerdings dann meist kurz gesprochen. Dies könnte sich allerdings auch damit erklären, dass man im Ruhrgebiet beim Namen Cornelissen meist die zweite Silbe kurz und betont ausspricht, als wenn Cornelissen mit Doppel-l ("Conellissen") geschrieben würde.
Man könnte auch vertreten, dass die Betonung der zweiten Silbe, lang gesprochen, ein Kurzform von Cornelius-Kirsche ist.

Skandinavier betonen die zweite Silbe
Nimmt man allerdings die skandinavischen Sprachen zu Hilfe, ist die Aussprache eindeutig: Im Dänischen, Norwegischen wie Schwedischen wird jeweils die zweite Silbe betont und - in der Regel - kurz gesprochen. Lediglich in dem vielbändigen Ordbog over det Danske Sprog, 11. Band, 1929, wird angemerkt, die zweite Silbe werde "jetzt selten" lang wie nehl gesprochen. Dies hat um so mehr Bedeutung, als dort im Gegensatz zum Deutschen der Begriff Kornel relativ häufig ist. Kornel (dänisch) bzw. kornell (norwegisch und schwedisch) ist dort nämlich sowohl der Name für die Gattung Hartriegel (= Cornus) wie für die Familie der Hartriegelgewächse (= Cornaceae). Wie ein Vergleich mit der Entwicklung des Namens Cornelius zeigt, wurde in den verschiedenen Formen und Ableitungen immer die zweite Silbe betont. Das ging so weit, dass die erste Silbe sogar teilweise weggefallen ist, wie sich aus Namen wie Nelius, Nehl, Nelle, Nelissen ergibt. Diese Formen zeigen aber auch, dass für die Silbe nel die kurze wie die lange Aussprache nebeneinander existieren. Alles in allem liegt die Annahme nicht fern, dass für Kornel alle drei Möglichkeiten - erste bzw. zweite Silbe betont, diese wiederum lang oder kurz - in Übung waren oder sind.
Vielleicht kann einmal ein Cornelius/Cornelissen seine Diplom- oder Doktorarbeit darüber schreiben.


Gespendet: Cornelkamp in Mühlhausen
In Unna-Mühlhausen im Naturschutzgebiet "Uelzener Heide/Mühlhauser Mark" liegt neben einem Wäldchen ein schönes, über 13.000 qm umfassendes Wiesengrundstück mit großem Teich, Wildobstbäumen und kleinen Gehölzen: der "Cornelkamp". Wie kam das Biotop zu seinem Namen? Als der Verfasser 60 Jahre alt wurde, trat an seiner Arbeitsstätte die Frage auf, was er sich zum Geburtstag wünsche. Antwort: Geldspenden, um in seinem Heimatort, wo er Vorsitzender des "Vereins für Heimat und Natur" ist, einen Acker für den Natur- und Landschaftsschutz kaufen zu können. Es kam ein so großer Betrag zusammen, dass die erforderlichen 20 % Eigenkapital abgedeckt waren. Die restlichen 80 % gab das Land Nordrhein-Westfalen hinzu.
Die vorgeschlagene Bezeichnung Cornelissenkamp für das neue Biotop war dem Verfasser zu deutlich. Um dem dann gewählten Namen "Cornelkamp" eine andere Richtung zu geben, pflanzte er dort zehn Kornelkirschen an.
Übrigens: Am Abend des 31.12.1994, als das Eigentum an dem Grundstück auf den NABU (Naturschutzbund) Kreis Unna überging, pflanzten alle vier Mühlhauser Cornelissen - Jupp, Barbara, Jan und Nils - eigenhändig je einen dicken Ast als Kopfweide. Heute (2008) sind es kräftige Bäume.


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